Auf einen Blick
- Seit 2010 setzt OSEO Wallis bei seinen Programmen zur beruflichen und sozialen Integration auf heterogene Zielgruppen.
- Der Ansatz bringt eine höhere Budgetstabilität und belebt den Erfahrungsaustausch unter den Teilnehmenden.
- Gleichzeitig stellen die unterschiedlichen Bedürfnisse und Ziele Herausforderungen dar.
Der gemeinnützige Verein OSEO Wallis setzt sich für die berufliche Eingliederung von Jugendlichen und Erwachsenen ein (siehe Kasten). Mit anderen Worten: OSEO Wallis hilft Menschen ohne Arbeit oder Ausbildung bei der Integration in den Arbeitsmarkt und in die Gesellschaft. Um dieses Ziel zu erreichen, hat sich OSEO Wallis für ein Modell entschieden, das auf Durchmischung setzt – sowohl was die Auftraggeber als auch was die Zielgruppen anbelangt.
Diese Diversifizierung verringert die Abhängigkeit der Institution von einer einzigen Finanzierungsquelle und sorgt für eine höhere Budgetstabilität. Dadurch kann OSEO Wallis besser auf die wirtschaftlichen Unwägbarkeiten reagieren, mit denen Organisatoren von Integrationsmassnahmen von Jahr zu Jahr konfrontiert sind. Denn ein Rückgang der Arbeitslosigkeit, Gesetzesrevisionen oder geopolitische Entwicklungen führen zu Schwankungen bei der Nachfrage von Arbeitgebenden nach Integrationsmassnahmen.
Mit durchmischten Arbeitsateliers und Kursen kann OSEO Wallis seine Ressourcen effizienter einsetzen: Kosten können gebündelt werden, und die Wirksamkeit der Interventionen wird verbessert. Durch die Durchmischung können auch umfassendere und vielfältigere Schulungen sowie Arbeitsateliers angeboten werden, ohne die Ausgaben zu vervielfachen.
Unterschiedliche Profile und Bedürfnisse
Eine grosse Herausforderung, welche die Durchmischung mit sich bringt, sind die unterschiedlichen Bedürfnisse der Teilnehmenden. So unterscheiden sich die Lebensläufe von Jugendlichen, die eine berufliche Erstausbildung suchen, stark von jenen von Erwachsenen, die sich in einer Umschulung befinden. Personen mit Migrationshintergrund wiederum haben ungleiche Lebensläufe, die sich in unterschiedlichen Erwartungen und Anforderungen an die Ausbildung und die Begleitung niederschlagen.
Diesen unterschiedlichen Bedürfnissen und spezifischen Anforderungen der Auftraggebenden versucht OSEO Wallis mit einem individuellen pädagogischen Ansatz gerecht zu werden: Eingliederungsberaterinnen, Ausbildner und sozioprofessionelle Fachpersonen versuchen, einzeln auf die Teilnehmenden von Ateliers und Kursen einzugehen. Dies macht die Planung komplizierter und erfordert massgeschneiderte Massnahmen.
Zu den Kernkompetenzen der sozioprofessionellen Fachpersonen, die die Teilnehmenden mit unterschiedlichen beruflichen Fähigkeiten und Sprachkenntnissen begleiten, gehören deshalb individuelle pädagogische und organisatorische Ansätze. Die Fachpersonen von OSEO Wallis nehmen deshalb regelmässig an entsprechenden Weiterbildungen teil.
Während die Durchmischung in den Ateliers dazu dient, Fach- und Querschnittskompetenzen wie beispielsweise die Einstellung zur Arbeit, Pünktlichkeit und Kommunikation zu verbessern, ist dies bei den Kursen, die spezifisch auf die individuellen Bedürfnisse bestimmter Gruppen zugeschnitten sind, nicht immer möglich. Beispiele sind Sprachkurse auf verschiedenen Niveaus, IT-Kurse und berufliche Fachkurse.
Die Massnahmen zur sozialen und beruflichen Integration von OSEO Wallis decken ein breites Spektrum ab: Sie reichen von der sozialen Eingliederung bis zur Integration auf dem ersten Arbeitsmarkt. Darüber hinaus hat OSEO Wallis das Angebot an Ausbildungs- und Coachingleistungen ausgebaut. So werden die Teilnehmenden während der sozialen und beruflichen Integration von Eingliederungsberaterinnen und -beratern, die auf die jeweilige Zielgruppe (Jugendliche, Erwachsene, Personen mit Migrationshintergrund) spezialisiert sind, begleitet.
Unterschiedliche Entschädigung
In der Regel nehmen die Sozialhilfe, das Amt für Asylwesen des Kantons Wallis, die Arbeitslosen- oder die Invalidenversicherung die Zuweisung zu einem Programm von OSEO Wallis vor. Dies birgt ein gewisses Risiko, was den Zusammenhalt in einem Atelier oder in einem Kurs anbelangt, da die Teilnehmenden je nach Zuweisung unterschiedlich entschädigt werden. Bisher sind aber diesbezüglich seitens der Teilnehmenden oder der Fachkräfte keine Probleme gemeldet worden. Dies ist wohl darauf zurückzuführen, dass die Teilnehmenden eine Massnahme absolvieren, um in den ersten Arbeitsmarkt eingegliedert zu werden, und sich nicht damit befassen, welchem Versicherungssystem die anderen Atelierteilnehmenden unterstellt sind.
Die Tatsache, dass die Teilnehmenden nicht nach Herkunft und Hintergrund eingeteilt werden, sondern der Fokus auf den individuellen Zielen der beruflichen (Wieder-)Eingliederung liegt, trägt ebenfalls zur Stärkung des Gruppenzusammenhalts bei.
Belebender Austausch
Die Durchmischung bringt Menschen mit unterschiedlichen Lebensläufen zusammen und fördert den Austausch von Wissen und Fähigkeiten. Jugendliche profitieren beispielsweise vom Mentoring der Erwachsenen, während Menschen mit Migrationshintergrund Kontakte knüpfen können, um sich besser in die Gesellschaft zu integrieren. Die dadurch entstehenden Netzwerke sind für die Förderung der beruflichen und sozialen Integration zentral.
Damit werden auch Querschnittskompetenzen, das gegenseitige Verständnis, Toleranz und Empathie gefördert. So lernen die Teilnehmenden beispielsweise, Vorurteile zu überwinden und Unterschiede wertzuschätzen. Durch die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Realitäten wird die Fähigkeit des Zuhörens und des Verstehens gestärkt – beides sind wichtige Voraussetzungen, um erfolgreich am beruflichen und gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.
Pro Jahr nehmen über 1000 Personen an den Ateliers von OSEO Wallis teil; sie stammen etwa aus den Berufsfeldern Kochen, Service, Verkauf, Hauswartung und Hauswirtschaft.
In den vergangenen fünf Jahren hat OSEO – insbesondere bei Jugendlichen – eine positive Entwicklung in Bezug auf die Einstellung zur Arbeit und das Engagement festgestellt: Durch den Kontakt mit den Erwachsenen sind sie näher am ersten Arbeitsmarkt und eignen sich auf natürliche Weise eine professionelle Haltung an. Dadurch, dass sich Jugendliche, die von der Invalidenversicherung, der Arbeitslosenversicherung oder auch vom Asylbereich zugewiesen wurden, in ein und demselben Workshop oder Kurs wiederfinden, steht das Ausbildungsprojekt im Vordergrund, egal über welche «Eintrittspforte» sie zum Integrationsprogramm gekommen sind. Die Durchmischung trägt in diesem Fall zur Entstigmatisierung und Aufwertung jedes einzelnen Jugendlichen bei, der berufsvorbereitende Tätigkeiten und Verantwortung übernehmen muss.
Sorgfältige Planung wichtig
Die Durchmischung ist sowohl Herausforderung als auch Chance. Negative Aspekte, etwa unterschiedliche Bedürfnisse, erfordern ein sorgfältiges Vorgehen und angepasste Ressourcen vonseiten der Institution. Die Einbindung von Teilnehmenden mit unterschiedlichem Hintergrund fördert hingegen den Kompetenz- und Erfahrungsaustausch und sorgt gleichzeitig für finanzielle Stabilität und eine effiziente Nutzung der verfügbaren Ressourcen.
Die Erfahrung von OSEO Wallis zeigt: Gut angeleitete heterogene Gruppen können eine treibende Kraft bei der sozialen und beruflichen Integration von Personen sein. Erfolgversprechend sind letztendlich Integrationsprogramme, die anpassungs- und ausbaufähig sind, sodass sie den vielfältigen Bedürfnissen der Teilnehmenden gerecht werden und gleichzeitig deren individuelle Stärken aufwerten.
OSEO Wallis
Der privatrechtlich-gemeinnützige Verein OSEO Wallis wurde 1994 in Sitten gegründet. Er bildet eine regionale Sektion des Schweizerischen Arbeiterhilfswerks (SAH), das vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund und der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz gegründet wurde. Politisch und konfessionell ist OSEO Wallis neutral.
Bei OSEO Wallis arbeiten 88 Angestellte und 95 interkulturell Übersetzende (auf Stundenbasis). Der Jahresumsatz beläuft sich auf 7,6 Millionen Franken. Jedes Jahr nehmen über 1000 Personen an den Massnahmen zur beruflichen und sozialen Integration teil.