Auf einen Blick
- Die Schweiz verzeichnet seit den Nullerjahren eine deutliche Zunahme von hochqualifizierten Zugewanderten, die mit über 40 Jahren in die Schweiz einreisen.
- Die späte Zuwanderung hat Auswirkungen auf die Altersguthaben von Personen ausländischer Herkunft im Rentenalter.
- Es besteht ein Zusammenhang zwischen dem Alter bei der Einreise und der Wahrscheinlichkeit, die Schweiz nach der Pensionierung zu verlassen.
In der Schweiz hat die Zuwanderung seit dem Inkrafttreten der Personenfreizügigkeit mit der Europäischen Union im Jahr 2002 zugenommen. Während man zwischen 1980 und 2000 im Durchschnitt rund 91 000 Zugänge ausländischer Staatsangehöriger pro Jahr verzeichnete, waren es zwischen 2007 und 2023 rund 157 000 Personen. Die Zunahme wirkt sich auf die Altersvorsorge aus.
Auf Makroebene verlangsamt die Migration die demografische Alterung und leistet damit einen positiven Beitrag zur Finanzierung der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV). Auf individueller Ebene birgt sie jedoch besondere Herausforderungen in Bezug auf die finanzielle Situation von Personen ausländischer Herkunft im Rentenalter.
Anstieg der hochqualifizierten Zuwanderung
Die Zuwanderung in die Schweiz hat sich in den vergangenen 20 Jahren grundlegend verändert. In einer Umfrage mit 7000 ausländischen Personen, die seit 2006 in die Schweiz eingereist sind, verfügen 59,5 Prozent über eine Tertiärbildung (Migration-Mobility Umfrage 2022). Der Anteil an tertiär Gebildeten variiert je nach Staatsangehörigkeit: Bei Portugiesinnen und Portugiesen sind es lediglich 24,5 Prozent, bei den deutschen Staatsangehörigen hingegen 61,5 Prozent (Wanner und Fibbi 2025).
Die Entwicklung dieser hochqualifizierten Zuwanderung lässt sich mit den Besonderheiten des Schweizer Arbeitsmarktes erklären. So sind zunehmend Kompetenzen im Tertiärsektor gefragt.
Die meisten Personen, die in die Schweiz kommen, um eine qualifizierte Tätigkeit auszuüben, haben ihre Ausbildung im Ausland absolviert. Oft verfügen sie zudem bereits über Berufserfahrung in ihrem Herkunftsland oder in einem Drittstaat. Der höhere Anteil von Hochqualifizierten hat Folgen auf das Durchschnittsalter zum Einwanderungszeitpunkt: Während 1991 die 40- bis 64-Jährigen lediglich 11 Prozent aller Zugewanderten ausmachten, stieg ihr Anteil bis 2023 auf 24 Prozent.
Eher kurze Aufenthaltsdauer in der Schweiz
Diese Entwicklungen haben einen Einfluss darauf, wie lange ausländische Personen im Rentenalter in der Schweiz bleiben. Untersucht wurden im Folgenden spezifisch im Ausland geborene Personen (die Migrationsbevölkerung) im Alter von 60 bis 64 Jahren. Ende 2023 waren dies 162 300 Personen in der Schweiz. Gegenüber 2010 hat sich die Migrationsbevölkerung somit fast verdoppelt, damals lag sie bei 85 700 Personen.
Betrachtet man die Migrationsbevölkerung von 2023, so zeigt sich: 6,3 Prozent sind vor dem Einstieg ins Erwerbsleben in die Schweiz eingewandert (unter 18 Jahren), 25,5 Prozent zu Beginn ihres Erwerbslebens (18‒29 Jahre), 24,8 Prozent zwischen 30 und 39 Jahren und 43,5 Prozent in der zweiten Hälfte ihres Berufslebens (40–64 Jahre). Zum Vergleich: Der Anteil der 40- bis 64-Jährigen lag 2010 noch bei 20,5 Prozent. Damit hat er sich zwischen 2010 und 2023 verdoppelt.
Besonders hoch ist der Anteil der über 40-jährigen Zugewanderten bei Staatsangehörigen aus Nordamerika (65%) und der EU (52%). Tiefer ist er bei Staatsangehörigen aus EU-Beitrittskandidaten und Nicht-EU-Staaten (rund 30%). Die Abweichungen nach Herkunftsland sind teilweise auf die Qualifikationsprofile zurückzuführen: Die hochqualifizierte Zuwanderung besteht mehrheitlich aus Personen, die älter sind als Einwandernde mit niedrigerer Qualifikation.
Auf die Altersvorsorge in der ersten und zweiten Säule bezogen bedeutet dies: Immer mehr Menschen weisen beim Erreichen des Referenzalters eine verkürzte Beitragsdauer auf (sofern sie die fehlenden Jahre nicht durch Einkäufe kompensieren können).
Alter bei der Einreise entscheidend
Die verfügbaren Statistiken veranschaulichen den Zusammenhang zwischen dem Alter bei der Ankunft in der Schweiz und der Wahrscheinlichkeit, das Land bei Erreichen des Rentenalters wieder zu verlassen. Dazu wurden alle Zugewanderten berücksichtigt, die Ende 2018 zwischen 60 und 64 Jahre alt waren. Anschliessend wurde überprüft, ob diese Personen 5 Jahre später immer noch in der Schweiz lebten oder weggezogen waren (siehe Grafik).
Bei Männern und Frauen, die vor dem 20. Geburtstag in die Schweiz gekommen sind, liegt der Anteil der Ausgewanderten unter 10 Prozent. Bei den Personen, die mit 45 bis 50 Jahren in die Schweiz eingewandert sind, sind es 20 Prozent und bei den über 50-Jährigen mehr als 30 Prozent.
Interessant ist, dass Frauen die Schweiz weniger häufig verlassen als Männer – unabhängig vom Alter bei der Einreise. Der Unterschied zwischen den Geschlechtern lässt sich vermutlich mit dem Familiennachzug erklären, der häufiger Frauen betrifft.
Ruhestand in der Schweiz?
Die verkürzte Beitragsdauer veranlasst immer mehr Zugewanderte, sich damit auseinanderzusetzen, ob sie ihren Ruhestand in der Schweiz verbringen wollen. Aus den Daten der erwähnten Umfrage geht hervor, dass die Hälfte der in die Schweiz Eingewanderten den Rest ihres Lebens in der Schweiz bleiben möchte. 40 Prozent sind noch unschlüssig. Diejenigen, die entschieden haben in ihr Herkunftsland zurückkehren, sind in der Minderheit. Letztere geben unter anderem als Grund an, es sei schwierig ihr Leben wie gewohnt weiterzuführen. So sagt eine befragte Person, die die Schweiz verlassen will: «Ich würde nach meiner Pensionierung gerne in der Schweiz bleiben, aber ich weiss, dass ich mir das nicht leisten kann. Mein Wegzug aus der Schweiz wird deshalb nicht ganz freiwillig erfolgen» (Wanner und Fibbi 2025).
Auch Lebensereignisse beeinflussen, ob jemand darauf verzichtet, nach der Pensionierung in der Schweiz zu bleiben, wie diese Aussage belegt: «Nach meiner Scheidung in der Schweiz und der Investition meiner zweiten Säule in ein Schweizer Unternehmen reichen meine Mittel nicht mehr aus, um den Rest meines Lebens hier zu verbringen.»
Eine detaillierte Analyse der Situation von deutschen Staatsangehörigen im Rentenalter (Steiner und Wanner 2025) bestätigt indirekt, dass die Leistungen der Sozialversicherungen bei der Auswanderung eine Rolle spielen. Die Migration am Ende des Erwerbslebens ist nämlich selektiv: Personen mit den geringsten finanziellen Mitteln ziehen öfter weg als jene mit umfangreicheren Mitteln. Somit bleibt eine «ausgewählte» Bevölkerung in der Schweiz, die entweder über genügend Rentenleistungen oder zumindest über ein Vermögen verfügt, das ihr ein Leben in der Schweiz ermöglicht.
Erhöhtes Prekaritätsrisiko
Das höhere Alter bei der Einwanderung widerspiegelt sich ändernde Bedürfnisse auf dem Arbeitsmarkt. Daraus ergeben sich Folgen für die Altersguthaben von Personen ausländischer Herkunft bei der Pensionierung. Aufgrund der Unterschiede bei den Lebenshaltungskosten zwischen der Schweiz und den meisten Einwanderungsländern besteht für Zugewanderte im Rentenalter ein Prekaritätsrisiko. Der Entscheid, in der Schweiz zu bleiben oder nicht, hängt deshalb von den finanziellen Möglichkeiten zum Zeitpunkt der Pensionierung ab.
Ein Wegzug ist für Menschen, die einen Teil ihres Erwerbslebens in der Schweiz verbracht haben, oft mit einem Verlust verbunden, insbesondere wenn sie in der Schweiz Beziehungen aufgebaut haben und umso mehr, wenn ihre Kinder hier aufgewachsen und in die Gesellschaft integriert sind. Doch nicht alle haben die Wahl, ob sie bleiben oder die Schweiz verlassen. Für Staatsangehörige bestimmter Länder erweist sich eine Rückkehr in ihr Herkunftsland angesichts der politischen Situation oder anderer Sicherheitsaspekte als schwierig.
Die erwähnten Elemente sind eine Herausforderung für die soziale Sicherheit, da sie eine erhöhte Prekarität der Rentnerinnen und Rentner mit Migrationshintergrund zur Folge haben können. In Anbetracht der steigenden Zahl Personen, die einen grossen Teil ihres Lebens im Ausland verbracht haben und ins Rentenalter kommen, sollte diese Problematik im Rahmen der AHV-Reform thematisiert werden.
LIteraturverzeichnis
Wanner Philippe, Fibbi Rosita (Hrsg.). 2025. Die Schweizer Migrationslandschaft im 21. Jahrhundert.
Steiner Ilka, Wanner Philippe (2025). Sozioökonomische Merkmale der deutschen Bevölkerung in der Schweiz. In Wanner, Philippe und Fibbi, Rosita (Hrsg.). Die Schweizer Migrationslandschaft im 21. Jahrhundert; 191‒210.