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«Die ZAS ist eine Türöffnerin für die Digitalisierung in der ersten Säule»

Die Zentrale Ausgleichsstelle (ZAS) spielt eine Schlüsselrolle bei der Digitalisierung der ersten Säule. Im Interview erklärt der abtretende Direktor Adrien Dupraz die Funktionen der ZAS und spricht über die Herausforderungen eines dezentralen Systems.
Gabrielle D’Aloia
  |  11. Dezember 2025
    InterviewMeinung
  • AHV
  • Digitalisierung
«Damit das System funktioniert, müssen wir alle am gleichen Strick ziehen»: ZAS-Direktor Adrien Dupraz. (Bild: Baptiste Andreani, ZAS)

Im September 2025 beantragte der Bundesrat für die Zentrale Ausgleichsstelle (ZAS) einen Verpflichtungskredit von 66 Millionen Franken. Wie werden diese Mittel eingesetzt?

Die ZAS verfügt über zahlreiche Softwareprogramme, von denen einige bald das Ende ihrer Nutzungsdauer erreichen. Im Zeitalter der Digitalisierung ist die sichere und effiziente Datenübertragung entscheidend. Um weiterhin eine optimale Leistung zu garantieren, müssen gewisse Systeme modernisiert werden. Zudem müssen sie benutzerfreundlicher werden. Diese Modernisierung wird auch die Umsetzung der Reformen vereinfachen, die der Gesetzgeber in immer kürzeren Abständen einführt.

Was wird sich ändern?

Wir streben intern eine Vereinfachung an, nicht nur in technischer Hinsicht, sondern auch was die Prozesse anbelangt. In der ZAS wollen wir beispielsweise eine flachere Organisation fördern. Technisch betrachtet benötigen wir derzeit zwischen acht und zehn Softwareprogramme, um eine Rente zu berechnen, zu verwalten und auszuzahlen – das ist relativ umständlich. Ziel muss es sein, die Zahl der Programme zu reduzieren und an Effizienz zu gewinnen. Mit Blick auf die Strategien und Stossrichtungen des Bundes in Sachen Digitalisierung braucht es gezielte Investitionen und eine proaktive Planung, um die Entwicklungen zu begleiten.

Werden 66 Millionen Franken ausreichen, um die gesetzten Ziele zu erreichen?

Ja. Dadurch bleibt die ZAS auch im Jahr 2032 eine zuverlässige Partnerin für alle Akteure des dezentralen Systems – auch für das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV), das für die Strategie zur digitalen Transformation und Innovation der ersten Säule (DTI-Strategie) verantwortlich ist. Um dies zu erreichen, planen wir über einen Zeitraum von acht Jahren Investitionen von rund 120 Millionen Franken, davon 66 Millionen als Verpflichtungskredit für externen Support. Die ZAS funktioniert gut, aber wir müssen uns auf die Veränderungen von morgen vorbereiten und flexibler werden.

Welche Ziele verfolgt die Digitalisierung der ersten Säule?

Die ZAS will schrittweise ein System einführen, das die digitale Transformation und gleichzeitig die gewohnten Dienstleistungen sicherstellt, insbesondere die Auszahlung von Renten im Ausland und in der Schweiz. Ergänzend zu den bestehenden Systemen soll eine Art digitales Portal eingerichtet werden, über das Versicherte und andere Akteure Zugang zu Informationen der ersten Säule erhalten. Ein Ziel besteht zum Beispiel darin, die Bearbeitung von Informationsanfragen zu den individuellen Konten zu beschleunigen – dies dauert heute bis zu drei Wochen. Die zuständigen Ausgleichskassen werden aber auch in Zukunft eine wichtige Rolle bei der persönlichen Beratung und der Dossierbetreuung spielen – beispielsweise, wenn es darum geht, die Auswirkungen einer vorzeitigen Pensionierung zu klären oder Mutationsmeldungen zu bearbeiten.

Welche Herausforderungen bringt der Föderalismus bei der Digitalisierung?

Eine Herausforderung besteht darin, den Partnern der ersten Säule bewusst zu machen, wie wichtig es ist, in einem dezentralisierten Sozialversicherungssystem über gemeinsame, moderne und zuverlässige Instrumente zu verfügen. Bei den individuellen Konten gibt es heute ein Qualitätsdefizit. Mehr als 70 Ausgleichskassen sammeln mit verschiedenen Instrumenten jeweils eigene Informationen und leiten sie anschliessend an die ZAS weiter. Rund 1,5 bis 2 Prozent der jährlich übermittelten Daten werden analysiert, um zu prüfen, ob Korrekturen erforderlich sind. Das bedingt einen intensiven Austausch zwischen den betroffenen Akteuren. Wir sprechen hier von insgesamt 10 000 bis 15 000 Konten. Wir müssen den Partnern der ersten Säule aufzeigen, dass diese Korrekturen mit der Digitalisierung viel früher im Prozess möglich sind, was sowohl dem zentralisierten als auch dem dezentralisierten System zugutekommt. Damit profitieren alle von einem schnelleren Zugang zu den Informationen und einer höheren Qualität.

 

«Bei den individuellen Konten gibt es heute ein Qualitätsdefizit»

Wie viel Zentralisierung braucht es, und was soll weiterhin dezentral verwaltet werden?

Das Digitalisierungsprojekt zielt nicht darauf ab, die Leistungen der ersten Säule zu zentralisieren. Vielmehr soll ein dezentrales System geschaffen werden, das leistungsfähiger und besser an die Anforderungen der Digitalisierung angepasst ist. Ziel ist es, effiziente, standardisierte Instrumente bereitzustellen, damit die Partner ihre Arbeit weiterhin dezentral ausführen können, insbesondere die Rentenberechnung. Wenn die Versicherten ihre Beitragszeiten kennen und eine erste vorläufige Leistungsberechnung haben, sind die Abklärungen bei ihrer Ausgleichskasse weniger zeitaufwendig. In diesem Sinne eröffnet das Projekt auch die Möglichkeit, langfristig und je nach Bedarf Formen einer verstärkten Zusammenarbeit zu prüfen, die zu Effizienzsteigerungen und Kosteneinsparungen führen könnten.

Warum wurde die Umsetzung der Digitalisierungsprojekte der ZAS übertragen?

Wir sind der zentrale Partner des BSV für die Digitalisierung der zentralisierten Dienstleistungen der ersten Säule. Diese Rolle ist auch in der Gesetzgebung zur ersten Säule verankert. Für die Einführung leistungsfähiger Instrumente wie zum Beispiel des sogenannten UPI-Registers halten wir uns finanziell und regulatorisch an strenge Vorschriften des Bundes. Wir haben auch die Modernisierungskosten im Griff, da wir uns auf die Normen des Bundes stützen.

Die ZAS führt sieben zentrale Register. Welche Bedeutung haben diese für die Digitalisierungsprojekte der ersten Säule?

Die Register bieten der Aufsichtsbehörde und den Durchführungsstellen eine verlässliche und sichere Grundlage für ihre tägliche Arbeit. Konkret: Um eine Leistung einer versicherten Person zu berechnen, muss eine AHV-Ausgleichskasse wissen, bei welchen Arbeitgebern die versicherte Person in der Vergangenheit tätig war. Dazu muss sie alle übrigen Ausgleichskassen kontaktieren. Die ZAS übernimmt die Koordination dieser Aufgabe. Mit den zentralen Registern stellt sie insbesondere sicher, dass keine Rente doppelt ausbezahlt wird – wodurch sich Versicherungsmissbräuche verhindern lassen.

Wie steht es um den Datenschutz und die Cybersicherheit?

Die Normen des Bundes in diesem Bereich entwickeln sich rasch weiter. Die ZAS engagiert sich stark in den Bereichen Datenschutz und Cybersicherheit. Als Einrichtung des Bundes unterliegen wir einem sehr strengen internen Protokoll und haben einen Dienst, der für die Überwachung der Informationssicherheit zuständig ist.

Wie hat sich die ZAS auf die Digitalisierung der ersten Säule vorbereitet?

Indem wir die Bedürfnisse unserer Partner so weit wie möglich antizipiert haben. Die ZAS ist eine Türöffnerin für die Digitalisierung in der ersten Säule. Wir entwickeln beispielsweise neue Instrumente, um uns an die Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt anzupassen, und verstärken die Zusammenarbeit mit anderen Versicherungen, um Synergien zu fördern. Zusammen mit den Partnern der ersten Säule arbeitet die ZAS derzeit auch an der Einführung eines umfassenden Service Level Agreement (SLA) mit dem Ziel, die Prozesse zu harmonisieren und zu vereinfachen und damit die Servicequalität zu verbessern.

Wie verläuft die Zusammenarbeit mit den Vollzugsstellen?

Die Kontakte sind gut, und wir pflegen einen offenen Umgang. Es ist nicht immer einfach, mit mehr als 70 AHV-Ausgleichskassen und 26 kantonalen IV-Stellen sowie einer IV-Stelle für Versicherte im Ausland Kompromisse zu finden. Nochmals: Es geht nicht um eine Zentralisierung, sondern darum, die Umsetzung einer Win-win-Lösung zu erleichtern. Die Partner haben es verstanden: Damit das System funktioniert, müssen wir alle am gleichen Strick ziehen.

Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit mit dem BSV?

Die Zusammenarbeit mit dem BSV ist konstruktiv, gerade wenn es um spezifische Situationen geht. Ich denke hier an die freiwillige Versicherung im Ausland, wo besondere Regeln gelten müssen. Bei internationalen Sozialversicherungsabkommen schauen wir beispielsweise gemeinsam, was machbar ist. Ein weiterer Schwerpunkt der Zusammenarbeit sind die zentralisierten Dienstleistungen und die Automatisierungsmöglichkeiten. Wir tauschen uns auch über technische und regulatorische Aspekte aus, wie beispielsweise die Prozesse der Datenübertragung zwischen Kassen, um die geeignetsten Standards zu definieren. Insgesamt haben wir so eine effiziente Zusammenarbeit mit dem BSV aufgebaut.

«Die Zentrale Ausgleichsstelle ist wie ein grosser Dampfer»

Sie verlassen die Zentrale Ausgleichsstelle Ende Jahr. Wie beurteilen Sie rückblickend Ihre Zeit bei der ZAS?

Die ZAS gehört zu den Organen der ersten Säule, die die Wirtschaft und die Entwicklungen begleiten. Sie hat sich stark weiterentwickelt, insbesondere in technologischer Hinsicht. Vor 30 Jahren gehörten wir zu den ersten Einrichtungen, die Akten eingescannt haben. Das war damals sehr innovativ. Die Jahrtausendwende, die mit vielen technischen Unsicherheiten verbunden war, verlief im Endeffekt reibungslos. Anfang der 2000er-Jahre mussten wir jedoch einige Rückschläge einstecken. Das hat uns allerdings ermöglicht, unser IT-Projektmanagement komplett zu überarbeiten, zu professionalisieren und uns umfangreiches Know-how anzueignen. Heute stehen wir mit der Digitalisierung an einem ganz anderen Punkt: Wir müssen auf Austausch und Kommunikation setzen und uns darauf vorbereiten, neue, digitale Dienstleistungen anzubieten.

Noch ein Wort zur Zukunft der ZAS?

Die Zentrale Ausgleichsstelle ist wie ein grosser Dampfer: Mit rund 900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bewegt sie sich eher langsam. Aber ich denke, dass die implementierten Tools mehr Flexibilität bringen. Für mich ist klar: Die Zukunft der ZAS liegt in der Digitalisierung.

Adrien Dupraz und die ZAS

Der 62-jährige Adrien Dupraz leitet die Zentrale Ausgleichsstelle (ZAS) seit 2020. Per Ende 2025 verlässt er die ZAS, wo er 30 Jahre in verschiedenen Funktionen tätig war.

Die ZAS ist das Vollzugsorgan des Bundes für die Sozialversicherungen der ersten Säule und spielt eine zentrale Rolle bei der Auszahlung der Renten sowie der AHV- und IV-Leistungen ins Ausland. Darüber hinaus erbringt sie zentralisierte Dienstleistungen, die für das Funktionieren des dezentralisierten Systems unerlässlich sind. Zu diesem Zweck führt sie sieben zentrale Register, die die gesamte Schweizer Bevölkerung erfassen. Diese Register ermöglichen die Vernetzung zwischen Kassen, Bundesämtern und weiteren Partnern. Zudem übernimmt die ZAS eine aktive Rolle bei der Digitalisierung öffentlicher Dienstleistungen.

Redaktorin, Öffentlichkeitsarbeit, Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV)
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