Vor mehr als zehn Jahren fand auf Einladung des EBGB ein runder Tisch zur Gleichstellung und beruflichen Integration von Menschen mit Behinderungen statt. Sozialpartner, Verbände, Behindertenorganisationen, Versicherungen, Behörden und Unternehmen waren sich einig – allerdings darin, dass berufliche Integration und Gleichstellung nichts miteinander zu tun hätten.
Das war ernüchternd, aber auch überraschend. Denn das 2004 in Kraft getretene Behindertengleichstellungsgesetz sollte die Massnahmen der Sozialversicherungen ergänzen und ausdrücklich auch die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Erwerbsleben verbessern.
Seither hat sich einiges getan. An der nationalen Konferenz zur Arbeitsmarktintegration von Menschen mit Behinderungen war von allen Seiten unbestritten, dass die berufliche Integration zweierlei bedeutet: zur Verbesserung der individuellen Leistungsfähigkeit beizutragen und bessere Rahmenbedingungen im Arbeitsumfeld bereitzustellen.
Beide Ansätze bedingen sich und sie gehen Hand in Hand. Das zeigt sich auch in den fünf Handlungsfeldern, auf die sich die Teilnehmenden an der Arbeitsmarktkonferenz geeinigt haben, und an den konkreten Projekten, die gezielt weiterverfolgt werden. Allerdings hat die Konferenz auch gezeigt, dass der Gleichstellungsansatz immer noch wenig präsent ist.
Das Anliegen ist einfach. Gleichstellung in der Arbeit steht für den Abbau von vermeidbaren Hindernissen oder, positiv formuliert, für die Schaffung von Rahmenbedingungen, die der Situation von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit Behinderungen Rechnung tragen: von der hindernisfreien baulichen Gestaltung von Arbeitsplätzen über die Bereitstellung barrierefreier Büroautomation, von chancengleichen Bewerbungsverfahren bis zu flexiblen Arbeitszeitmodellen, von der Wertschätzung der Verschiedenartigkeit bis zu einer inklusiven Unternehmenskultur.
Und dennoch ist Gleichstellung in der Arbeit anspruchsvoll. Denn sie lässt sich nicht mit punktuellen Anpassungen oder Massnahmen erreichen, die am Einzelfall ansetzen. Gleichstellung und Arbeit bedeutet, Behinderung immer und auf allen Ebenen mitzudenken und auch bereit zu sein, Grundsätzliches und scheinbar Unverrückbares in Frage zu stellen. Und dies nicht nur in der Arbeitswelt, sondern auch in anderen Lebensbereichen, so etwa bei der Mobilität, in der Bildung oder bei der Wahl der Wohn- und Lebensform.
Die Arbeitsmarktkonferenz hat einen gangbaren Weg aufgezeigt, wie sich die Gleichstellung in der Arbeit verbessern lässt. Möglich wird dies durch den gewählten Ansatz, an bewährten Projekten anzusetzen und diese schrittweise weiterzuentwickeln. Das zeitgleich initiierte Schwerpunktprogramm «Gleichstellung und Arbeit» des EBGB zielt darauf ab, weitere konkrete Beispiele für die Förderung eines zugänglichen Arbeitsumfeldes anzustossen.
Es wird sich zeigen, ob die berufliche Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen in weiteren zehn Jahren eine Selbstverständlichkeit sein wird. Es ist zu hoffen – für die Menschen, die sich keinen unnötigen Hindernissen mehr ausgesetzt sehen, und für die Arbeitswelt, die auf die Kompetenzen und den Beitrag dieser Menschen zurückgreifen können.