SwissDRG wurde am 1. Januar 2012 im Rahmen der Ende 2007 vom Parlament verabschiedeten und Anfang 2009 in Kraft gesetzten Revision des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG) eingeführt. Es handelt sich um eine schweizweit einheitlich geregelte, prospektive Fallkostenpauschale, die das alte objektfinanzierte Entschädigungsmodell für stationäre, akutsomatische Spitalleistungen ablöste. Diese werden in Abhängigkeit von Haupt- und Nebendiagnosen, Prozeduren, Eintritts- und Austrittsvariablen, Geschlecht und Alter, sowie dem Geburtsgewicht bei den Säuglingen pauschal vergütet. Die erwähnten Parameter bestimmen das sog. Fallgewicht eines entsprechenden Spitalaufenthaltes, das mit der sog. Baserate multipliziert wird, welche die Tarifpartner Versicherer und Spital miteinander aushandeln. Bei einer durchschnittlichen Baserate von 9500 Franken und einem Fallgewicht von 1,0 erhält das Spital z. B. 9500 Franken für seine Leistung. Das Fallgewicht orientiert sich an der Komplexität des Falles. Der Gesetzgeber versprach sich von dieser Neuerung ein schweizweites Tarifmodell, welches ermöglicht, die Leistungen der Spitäler besser zu vergleichen und den Wettbewerb zwischen den Leistungserbringern zu intensivieren. Dadurch sollte das Kostenwachstum im stationären Spitalbereich eingedämmt und die Qualität der Leistungen bewahrt werden.
Für die Spitäler war die Umstellung auf SwissDRG aufwendig: Um medizinisch qualifizierte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit der Kodierung betrauen zu können, mussten Ausbildungs- und Schulungsgänge konzipiert werden. Hierzu wurde der Abschluss «Eidgenössischer Fachausweis medizinischer Kodierer» ins Leben gerufen. Zudem mussten die entsprechenden Arbeitsplätze geschaffen und technisch ausgestattet werden. Auch Pflegende und Ärzte waren mit der korrekten Leistungserfassung vertraut zu machen. Nach vier Jahren Praxis hat sich der Kodieralltag in den meisten Spitälern gut etabliert. Allerdings kämpfen viele Spitäler nach wie vor damit, gute und geeignete Fachkräfte für die Kodierung zu finden und zu halten. Vor allem kleinere und mittlere Krankenhäuser bekunden Mühe damit, die Qualität ihrer Kodierung auf einem guten Niveau zu wahren: Häufig fehlt die kritische Masse an Personen in einem Kodierteam, um mit Wissensaustausch und der fachlichen Weiterentwicklung im Team einen hohen Arbeitsstandard zu gewährleisten. Ohne eine genügend qualifizierte fachliche Leitung kann die Qualität der Kodierung ebenfalls nicht sichergestellt werden. Bei ungenügender Qualität der internen Dokumentation oder der Kodierung entgeht den betroffenen Spitälern auch bei sachlich und fachlich korrekt erbrachten Leistungen das entsprechende Ertragspotenzial.
Mit Einführung der SwissDRG standen die Kranken-, Invaliden-, Unfall- und Militärversicherungen vor einer ähnlichen Ausgangslage wie die Spitäler: Auch hier waren ein erheblicher Personal- und Sachaufwand nötig, um die Kontrolle von DRG-Rechnungen vornehmen zu können. Viele Versicherer haben Mühe, genügend qualifiziertes Personal in der Kodier-Kontrolle zu finden. Analog zu den Spitälern kämpfen sie mit Schwierigkeiten bei der Personalentwicklung, die sie dann möglicherweise mit einer Belastung durch ungerechtfertigte Kosten bezahlen und die es ihnen erschweren, ihrem gesetzlichen Auftrag zur Kostenkontrolle nachzukommen. Zudem gibt es Versicherer, welche die Kontrolle von DRG-Rechnungen personell auf zu viele Köpfe verteilen oder zu stark dezentralisieren, was der Qualität der geleisteten Arbeit ebenso abträglich ist.
Der Prüfprozess in der Versicherung Die Versicherer sind weder personell in der Lage, noch dazu berechtigt, sämtliche DRG-Rechnungen zu kontrollieren. Sie müssen die Fälle wählen, welche sie einer spezialisierten Prüfung zuführen wollen. Dies kann auf zwei Arten geschehen: einerseits durch sog. Selektionslisten, wodurch manuell die Fälle ausgeschieden werden, die genauer geprüft werden. Andererseits durch Softwaretools, welche die elektronisch übermittelten Datensätze auf die Einhaltung der Kodierregeln überprüfen oder unwahrscheinliche Kombinationen von Diagnosen und operativen Prozeduren anhand von hinterlegten medizinischen Regeln aufspüren. Anschliessend erfolgt in beiden Fällen die Prüfung der solchermassen ausgeschiedenen DRG-Rechnungen durch speziell ausgebildetes Personal. Dabei kommen neben dem Kodierungshandbuch wiederum Softwaretools sowie die ICD- und CHOP-Kataloge 1 zum Einsatz. Die Qualifikation und Erfahrung der prüfenden Kodierer und Kodiererinnen entscheiden über den Erfolg und damit auch die potenziellen Einsparungen durch das Auffinden nicht korrekter Rechnungen. Die Versicherer kämpfen mit denselben Problemen bei der Personalentwicklung wie die Spitäler. Mangelnde fachliche Qualifikation wirkt sich zudem auf das Verhältnis zwischen den Tarifpartnern aus, indem die stationären Leistungserbringer beispielsweise mit unsinnigen Fragen oder fachlich ungerechtfertigten Rechnungskorrekturen behelligt werden, die für sie ein teures Ärgernis darstellen.
Der Outsourcing-Prozess am Beispiel Es gibt Versicherer, welche die gesamte Rechnungsprüfung von der Vorselektion bis zur detaillierten Kontrolle an einen spezialisierten externen Dienstleister auslagern. Meistens jedoch wird nach erfolgter interner Vorselektion erst die detaillierte Prüfung an den externen Kodierspezialisten und seine Vertrauensärzte und -ärztinnen übergeben. Für beide Fälle lassen sich die Tools Sumex DRG-Expert und Sumex DRG-Box einsetzen, welche der SUVA gehören und von der Firma ELCA entwickelt wurden und den Versicherern äusserst kostengünstig abgegeben werden. Die eingebauten medizinischen Prüfregeln sowie die verwendeten statistischen Modelle erweisen sich sowohl in der Vorprüfung als auch in der Detailanalyse als sehr hilfreich und effizient.
Die zu prüfenden Unterlagen werden über speziell verschlüsselte E-Mails (HIN) oder dedizierte Server datenschutzkonform übermittelt. Für den Umgang mit den medizinischen Akten haben Krankenversicherer mit ISO 27001 und VDSZ höhere Datenschutzrichtlinien zu beachten als Spitäler oder die anderen Versicherungen, die über SwissDRG abrechnen. Auch ihre externen Dienstleister sind an den verschärften Datenschutz gebunden. Um Doppelspurigkeiten zu vermeiden, empfiehlt sich eine möglichst enge Verschränkung der Prüfprozesse zwischen dem externen Dienstleister und dem jeweiligen Versicherer. Medizinische Akten, die zur vollständigen Fallprüfung gesichtet werden müssen, werden durch den Versicherer eingeholt und an den externen Dienstleister weitergeleitet. Auch die Aufforderung an ein Spital, seine Rechnung zu überprüfen, erfolgt durch den Versicherer.
Das Outsourcing der Rechnungsprüfung kann für Versicherer und Leistungserbringer auch Nachteile bringen. Unter Umständen kann eine Auslagerung etwas teurer sein als die Beschäftigung eigener Leute. Die Bearbeitungszeiten können sich länger als geboten hinziehen, die Verrechnungsmodelle komplex und das Angebot des Outsourcing-Partners auf eine Geschäftssprache limitiert sein. Allerdings hat der seit einigen Jahren spielende Wettbewerb kürzere Bearbeitungszyklen, Mehrsprachigkeit, niedrigere Kosten für die externe Rechnungskontrolle und einfachere Verrechnungsmodelle hervorgebracht. Die Vorteile eines Outsourcings sind v. a. dann gegeben, wenn der externe Dienstleister aufgrund der fachlichen Spezialisierung seiner Mitarbeitenden hohe Einsparungen erzielt, indem er möglichst viele nicht gerechtfertigte DRG-Rechnungen triagiert und dann auf Korrektheit prüft. Zudem übernimmt der Outsourcing-Partner Risiken in der Personalplanung, indem er für genügend Personalressourcen und Leitungskapazitäten mit dem nötigen Know-how sorgt. Mithilfe eines geeigneten Outsourcings kann ein Versicherer ein Verhältnis von ca. 1:3 zwischen dem Aufwand für die Auslagerung der DRG-Rechnungskontrolle und den erzielten Einsparungen erreichen. Damit rechnet sich der entsprechende Business-Case schnell. Dennoch halten verschiedene kleine und mittlere Versicherer an der eigenen DRG-Rechnungskontrolle fest.
Externe Prüfverfahren in der IV Für Kinder und Jugendliche mit Anspruch auf medizinische Massnahmen gemäss Art. 14 des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung (IVG) vergütet die IV auch stationär erbrachte Behandlungen. Im Rahmen ihrer Rechnungsprüfungspflicht hat sie die tarifkonforme Abrechnung der meist sehr kostenintensiven Leistungen durch die Spitäler sicherzustellen. Analog zu den Versicherern entscheiden sich auch einzelne IV-Stellen für eine externe Rechnungsprüfung. Da der Datenaustausch hier noch zu wenig greift, umfasst die Vorbereitung für die externe Rechnungsprüfung in jedem Fall eine manuelle Vorselektion der eingehenden Rechnungen durch die IV-Stelle. Auch hier lassen sich durch eine möglichst enge Prozessintegration von IV-Stelle und externer Rechnungsprüfung der zeitliche und personelle Aufwand für das Outsourcing minimieren. Geringe Kosten entstehen der IV-Stelle nur für das Controlling, falls auch sie den Erfolg der externen Prüfungstätigkeit sauber messen und dokumentieren will. Die Erkenntnisse, die sich in den vergangenen zwei Jahren aus der externen Rechnungsprüfung für stationäre Leistungen nach Art. 14 IVG gewinnen liessen, haben mit einem Verhältnis von 1:5 (Aufwand – Ertrag) positiv überrascht. Mit dem Outsourcing an einen gut ausgewiesenen, qualitätsbewussten externen Partner lassen sich in den massgeblichen Eckwerten gute Resultate erzielen: Eine enge Prozessintegration gewährleistet schlanke Abläufe, die wiederum in kurzen Antwortzeiten von durchschnittlich unter drei Wochen resultieren. Der finanzielle Erfolg, der sich damit erzielen lässt, ist beträchtlich.
Fazit Die Kontrolle von Rechnungen für stationäre Leistungen ist seit der Einführung der SwissDRG deutlich komplexer geworden und bedingt den Einsatz medizinisch qualifizierter Mitarbeitender. Versicherer mit genügend gut geschultem Prüfungs- und Leitungspersonal sind in der Lage, die DRG-Leistungskontrolle selber durchzuführen, insbesondere wenn sie bei komplexen Fällen oder für die Abdeckung der französischen oder italienischen Schweiz auf internes Know-how oder einen Outsourcing-Partner zurückgreifen können. Für kleine und mittlere Versicherer und für IV-Stellen generell rechnet es sich aber nicht, DRG-Rechnungen selbst zu prüfen. Mit dem Outsourcing zu einem geeigneten Partner können diese Dienstleistungen schnell, effizient, ohne Schwankungen in Phasen von Überlast oder Ferienzeiten, mehrsprachig und vor allem mit markanten Einsparungen eingekauft werden.
- 1. Beim ICD-Schlüssel handelt es sich um eine medizinische Klassifikation zur Systematisierung von Diagnosen (ICD = International Classification of Diseases). Der CHOP-Katalog umfasst die schweizerische Operationsklassifikation.