70 Jahre nach ihrer deutlichen Annahme in der Referendumsabstimmung vom 6. Juli 1947 stellt sich die AHV am 17. März wiederholt einer Schlussabstimmung in den eidgenössischen Räten. Der Existenzsicherung im Alter verpflichtet, beweist sie einmal mehr ihre Anpassungsfähigkeit an den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel. Auf einen massvollen Ausbau erfolgte 1977 mit der neunten Revision eine wirtschaftliche Konsolidierung. Die bislang letzte umfassende Revision realisierte 1994 mit dem Splitting den zivilstandsunabhängigen Rentenanspruch. In Anerkennung eines veränderten Familienbilds wurden Frauen und Männer in der AHV fortan gleich behandelt.
Demografische Alterung und sinkende Kapitalrenditen gefährden die Altersvorsorge und verlangen ihre umfassende Reform, sowohl in der 1. als auch im obligatorischen Teil der 2. Säule. Über die Hauptziele – Erhalt des Rentenniveaus und Sicherung des finanziellen Gleichgewichts – besteht Einigkeit. Wo die Hebel angesetzt werden, ist Sache der laufenden politischen Auseinandersetzung. Dass es aber hier und jetzt im Namen des Generationenvertrags und der Solidarität mit wirtschaftlich Schwächeren einen Kompromiss braucht, der in einer Volksabstimmung bestehen kann, ist ein Gebot der Stunde.
Mit der IV und den Ergänzungsleistungen (EL) werden derzeit auch die beiden anderen Sicherungsmechanismen der 1. Säule weiterentwickelt. Ausgerichtet auf die berufliche (Re-)Integration ist es der IV seit 2004 gelungen, Rentenbestand und Neurenten deutlich zu senken. Das ist ein wichtiger Erfolg und wesentlicher Beitrag an ihre Entschuldung, aber für sich allein nicht genügend. Denn die Wirkung der ergriffenen Massnahmen ist nicht nur vom Versicherungsstandpunkt her zu beurteilen, sondern auch aus Sicht der Betroffenen. Erwerbstätigkeit fördert neben der sozialen Teilhabe auch das Selbstvertrauen und unterstützt die Mobilisierung gesundheitlicher Ressourcen; wesentliche Punkte, wenn es darum geht, Jugendlichen und psychisch Erkrankten eine berufliche Perspektiven zu eröffnen. Dieses Anliegen steht im Zentrum der Weiterentwicklung der IV. Allerdings kann sie die Aufgabe nicht allein stemmen. Genauso braucht es das Engagement der Sozialpartner, der Kantone und der Betroffenen. Der erfolgreiche Start der nationalen Konferenz Arbeitsmarktintegration von Menschen mit Behinderung vom Januar lässt hoffen.
Die EL helfen dort, wo eine AHV- oder IV-Rente, ergänzt durch allfällige Bezüge aus der beruflichen Vorsorge oder einem andern Einkommen, die minimalen Lebenskosten nicht deckt. Auch die EL verzeichnen eine erhebliche Kostenentwicklung. Mit der Reform – unter Berücksichtigung der Vorlage zur Anpassung der seit 2001 geltenden Mietzinsmaxima sind es genaugenommen zwei – soll das Niveau der Existenzsicherung gehalten und es sollen Schwelleneffekte abgebaut sowie beeinflussbare Kosten korrigiert werden. Die zunehmende Belastung der EL durch steigende Pflegekosten hingegen, die in einer Minderheit der Kantone über die EL finanziert werden, lässt sich nicht über das ELG beeinflussen. Sie muss vielmehr Thema im Finanzausgleich und in der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) sein.
Alle drei Reformen stellen sich den Herausforderungen, die der sozialen Sicherung derzeit zusetzen. Im Sinn ihrer Gründer bauen sie auf die darin angelegten Solidaritäten, zählen aber auch auf das Verantwortungsbewusstsein jedes und jeder Einzelnen sowie der Sozialpartner.