Das Abkommen über soziale Sicherheit mit China ist Teil der schweizerischen Bemühungen, die Beziehungen mit den bedeutenden Wirtschaftspartnern in Asien zu vertiefen. Nach dem Abschluss von Sozialversicherungsabkommen mit Japan (in Kraft seit 1.3.2012), Indien ( seit 29.1.2011) und Südkorea (seit 1.6.2015) ist die Schweiz auch auf Vertragsverhandlungen mit China eingetreten, um die guten bilateralen Beziehungen durch den Abschluss eines Sozialversicherungsabkommens zu unterstützen.
In den letzten Jahren hat sich der politische und wirtschaftliche Austausch zwischen der Schweiz und China äusserst dynamisch entwickelt. Seit 2011 finden regelmässig politische und wirtschaftliche Kontakte zwischen den beiden Staaten statt und heute ist China der bedeutendste Handelspartner der Schweiz in Asien. Etwa 600 Schweizer Firmen, die rund 180’000 Angestellte beschäftigen, sind in China vertreten.
Die Verhandlungen mit CHina Die Volksrepublik China führte 2011 ein nationales Sozialversicherungssystem ein. Mit dem Inkrafttreten des entsprechenden Gesetzes am 15. Oktober 2011 wurden Arbeitnehmer und Arbeitgeber neu zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen verpflichtet. Die Beitragssätze für die verschiedenen Sozialversicherungszweige variieren zwischen den Provinzen und belaufen sich auf bis zu 37 Prozent des Bruttolohnes für den Arbeitgeber und bis zu 11 Prozent für den Arbeitnehmer. Diese erhebliche Zusatzbelastung bei den Lohnkosten trifft auch ausländische und damit ebenfalls schweizerische Arbeitnehmer und deren Arbeitgeber in der Schweiz.
Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) kontaktierte die zuständigen chinesischen Behörden bereits im Jahr 2011, um Verhandlungen zum Abschluss eines Sozialversicherungsabkommens aufzunehmen, das die Doppelbelastung der Beitragspflicht in beiden Staaten für entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beseitigen würde. Im Sommer 2015 wurden die letzten strittigen Punkte bereinigt und das Abkommen am 30. September 2015 unterzeichnet.
Inhalt des abkommens Vor dem Inkrafttreten des Abkommens zahlten viele entsandte Schweizer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und deren Arbeitgeber in beiden Ländern Sozialversicherungsbeiträge. Im umgekehrten Fall entstanden auch bei chinesischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die von einem chinesischen Arbeitgeber vorübergehend in die Schweiz geschickt wurden und ihre Versicherung in China fortführten, eine entsprechende Doppelbelastung. Diese Doppelversicherung stellte für Unternehmen und die Arbeitnehmerschaft ein beachtliches finanzielles Hindernis für den Austausch von Arbeitskräften zwischen den beiden Staaten dar. Mit dem Inkrafttreten des Abkommens wird diese Hürde beseitigt.
Das Abkommen entspricht inhaltlich weitgehend den Entsendeabkommen, welche die Schweiz bereits mit Indien und Korea abgeschlossen hat und regelt in erster Linie die Unterstellung unter die anwendbaren Rechtsvorschriften. Massgeblich für die Bestimmung der anwendbaren Rechtsvorschriften ist das Erwerbsortprinzip. Gemäss Letzterem unterstehen Personen zur Erleichterung des wirtschaftlichen Austauschs und des Einsatzes von Personal grundsätzlich dem Sozialversicherungssystem des Vertragsstaats, in dessen Gebiet sie arbeiten.
In Abweichung zum Erwerbsortprinzip legt das Abkommen zwischen der Schweiz und China fest, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die von einem Arbeitgeber für einen begrenzten Zeitraum im Gebiet des anderen Vertragsstaats eingesetzt werden, von der Beitragspflicht im Staat ihrer vorübergehenden Beschäftigung befreit sind. D. h. sie verbleiben im Sozialversicherungssystem des ersten Vertragsstaates, wie wenn sie ihre Tätigkeit ohne Unterbruch dort ausübten. Dadurch wird die doppelte Beitragspflicht in beiden Staaten oder der Wechsel des Sozialversicherungssystems bei vorübergehenden Auslandeinsätzen vermieden. Gleichzeitig wird international tätigen Unternehmen sowie den Ausgleichskassen ein erheblicher zeit- und kostenintensiver Verwaltungsaufwand erspart. Eine Entsendung ist unabhängig von der Staatsangehörigkeit der Arbeitnehmerin bzw. des Arbeitnehmers möglich.
Das Abkommen sieht keinen Rentenexport vor. In Übereinstimmung mit der schweizerischen, und in Teilen auch der chinesischen Gesetzgebung – die im Gegensatz zum Schweizer Recht den Export von Rentenleistungen grundsätzlich erlauben würde – enthält es indessen eine Regelung zur Rückvergütung der an die jeweilige Rentenversicherung geleisteten Beiträge. Die Auszahlungsmodalitäten richten sich nach den nationalen Rechtsvorschriften. Die Barauszahlung der Austrittsleistung in der zweiten Säule ist ebenfalls in der schweizerischen Gesetzgebung zur beruflichen Vorsorge bereits vorgesehen.
Nebst den oben erwähnten Bestimmungen regelt das Abkommen die üblichen in einem Sozialversicherungsabkommen enthaltenen Punkte, wie den sachlichen Geltungsbereich, die Unterstellung von besonderen Personenkategorien, die gegenseitige Amtshilfe, die Verwendung der jeweiligen Amtssprachen und den Datenschutz.