Berufliche Vorsorge – eine Betrachtung aus ökonomischer Sicht
Die zweite Säule ist zentral für die Altersvorsorge. Durch gezielte Reformen kann sie effizienter werden.
Dieser Schwerpunkt wird laufend ergänzt
Das Bundesgesetz über die berufliche Vorsorge (BVG) feiert sein 40-jähriges Bestehen. Seit 1985 sind die Vorsorgevermögen stark angestiegen: Inzwischen verwalten Pensionskassen in der Schweiz Vermögen in der Höhe von über 1 Billion Franken von über 6 Millionen Menschen. Doch die demografische Alterung, schwankende Renditen und die Flexibilisierung der Arbeitswelt bringen Herausforderungen für die zweite Säule mit sich. Mit der Ablehnung der Reform der beruflichen Vorsorge im September 2024 ist der Reformdruck noch gestiegen.
Die zweite Säule ist zentral für die Altersvorsorge. Durch gezielte Reformen kann sie effizienter werden.
Die Stiftung Auffangeinrichtung BVG verwaltet insgesamt rund 950 000 kontaktlose Konten mit einem Gesamtkapital von 6 Milliarden Franken. Der Grossteil der Kontoinhabenden kann nach deren Pensionierung ausfindig gemacht werden.
Die berufliche Vorsorge schützt im Todesfall oder bei Invalidität der versicherten Person auch deren Angehörige. Wer zu den Begünstigten zählt, ist im Gesetz und im Reglement der Vorsorgeeinrichtung geregelt.
Die Aufsicht über die zweite Säule hat sich in den vergangenen 40 Jahren grundlegend gewandelt – von einer kantonalen Vielfalt hin zu einem koordinierten System. Durch einheitliche Standards wird das Vertrauen in die berufliche Vorsorge gefördert.
Immer mehr Versicherte in der zweiten Säule entscheiden sich dafür, bei der Pensionierung nicht das ganze Altersguthaben als Rente zu beziehen. Unter anderem hat der Beratungsbedarf rund um die Pensionierung zugenommen, wie eine Studie der Pensionskasse Publica zeigt.
Nachhaltiges Investieren hat sich in der Schweizer Pensionskassenlandschaft etabliert. Mit einem 2023 lancierten ESG-Reporting-Standard will der Pensionskassenverband Asip die Vergleichbarkeit nachhaltiger Anlagestrategien verbessern.
In den vergangenen 40 Jahren hat das Parlament die Regelungen zur beruflichen Vorsorge wiederholt angepasst. Versicherte sind beispielsweise bei Scheidungen, Arbeitslosigkeit oder einem Jobwechsel besser abgesichert.
Alt-Ständerätin Christine Egerszegi (FDP) und Alt-Nationalrat Rudolf Rechsteiner (SP) blicken zurück auf 40 Jahre berufliche Vorsorge: Beide betrachten das Obligatorium als grosse Errungenschaft, sehen aber auch Handlungsbedarf.
Das System der beruflichen Vorsorge ist komplex. Versicherte brauchen verlässliche Informationen, damit sie ihre Rechte und Pflichten verstehen. Die Website des Bundesamts für Sozialversicherungen bietet einen Überblick über bestehende Instrumente und gute Praktiken.
Bei der Anlage der Vorsorgegeldern der zweiten Säule spielen die Finanzmärkte eine wichtige Rolle. Trotz Marktturbulenzen haben sich die Vorsorgeeinrichtungen als widerstandsfähig erwiesen – nicht zuletzt dank einer gewissen Autonomie und den im Laufe der Zeit angepassten rechtlichen Rahmenbedingungen.
Seit Mitte der 1980er-Jahre ist die Zahl der Vorsorgeeinrichtungen in der zweiten Säule stark zurückgegangen. Gleichzeitig nahmen die verwalteten Vermögen stark zu, wie eine statistische Auswertung zeigt.
Seit 1995 können Versicherte Mittel der zweiten Säule nutzen, um Wohneigentum zu erwerben. Dieser gesetzlich gut abgestützte Mechanismus hat sich als wirksames Instrument zur Förderung von Wohneigentum bewährt.
Die berufliche Vorsorge in der Schweiz beruht auf Sozialpartnerschaft. Gerade bei Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen wird aus diversen Kreisen immer wieder die Frage aufgeworfen, ob die Partnerschaft zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden in der Praxis wirklich funktioniere.
Nach 2017 ist der Anstieg der IV-Neurenten stärker ausgefallen als erwartet. Indem auch die berufliche Vorsorge vermehrt auf Wiedereingliederung und Prävention setzt, kann der Zuwachs gebremst werden.