In unternehmenseigenen Pensionskassen sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer eng miteinander verbunden. Die Arbeitnehmervertretung kennt die Bedürfnisse der Belegschaft oft aus erster Hand und kann gezielt deren Interessen vertreten. Dank kurzer Entscheidungswege und direkter Kommunikation steht sie im direkten Austausch mit der Unternehmensleitung. Dies ermöglicht eine Vorsorgepolitik, die sich an der Unternehmensstrategie orientiert. So lassen sich beispielsweise Vorsorgelösungen entwickeln, die auf die Struktur des Unternehmens zugeschnitten sind. Das stärkt nicht nur die Identifikation der Versicherten mit ihrer Pensionskasse, sondern erleichtert auch Anpassungen an wirtschaftliche Veränderungen.
Doch genau diese Nähe kann auch zu einer Herausforderung werden. Arbeitnehmervertretungen stehen in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Arbeitgeber. Die Angst, kritische Themen anzusprechen oder gegen die Interessen des eigenen Arbeitgebers zu argumentieren, kann dazu führen, dass die Mitbestimmung nicht immer vollumfänglich wahrgenommen wird. Während der Dialog offen erscheint, ist es für Arbeitnehmervertreter schwieriger, eine wirklich unabhängige Position einzunehmen.
Anders, aber nicht schwächer
Während in unternehmenseigenen Pensionskassen die Interessen meist homogener sind, müssen sich Arbeitnehmervertretungen in Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen mit einer breiten Palette an Bedürfnissen und Anforderungen auseinandersetzen. Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen sind Vorsorgeeinrichtungen, denen mehrere wirtschaftlich voneinander unabhängige Arbeitgeber angeschlossen sind. Gemeinschaftseinrichtungen bilden im Gegensatz zu Sammeleinrichtungen eine Solidargemeinschaft.
Diese Vielfalt mag als Herausforderung erscheinen, bringt aber auch Vorteile mit sich. Die Diskussionen sind offener, da die Arbeitnehmenden nicht mit direkten Vorgesetzten verhandeln müssen, was eine sachlichere und objektivere Entscheidungsfindung ermöglicht. Gleichzeitig beeinflussen unterschiedliche Branchen, Erfahrungen und Schwerpunkte die Entscheide auf neue Art und Weise und fördern innovative Lösungen.
Auch bei der Rekrutierung von Mitgliedern für das oberste Organ ergeben sich Vorteile: Aufgrund der grossen Zahl an angeschlossenen Unternehmen steht ein breiterer Pool an qualifizierten Fachkräften zur Verfügung, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass kompetente und erfahrene Personen für das oberste Organ gewonnen werden können.
Allerdings bringt dieses Modell auch Herausforderungen mit sich: Der direkte Einfluss einzelner Unternehmen und ihrer Angestellten ist aufgrund der höheren Anzahl an Versicherten womöglich begrenzter als in unternehmenseigenen Pensionskassen. Das kann dazu führen, dass sich einzelne Versicherte weniger stark mit ihrer Vorsorgeeinrichtung identifizieren. Doch gerade weil das grosse Ganze im Fokus steht, werden Entscheide getroffen, die langfristig zur Stabilität und zur Sicherheit der beruflichen Vorsorge beitragen.
Ein gemeinsames Ziel
Die ursprüngliche Konzeption der beruflichen Vorsorge mag stärker auf unternehmenseigene Pensionskassen ausgerichtet gewesen sein, doch das System hat sich längst weiterentwickelt. Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen sind heute der Regelfall, und die Sozialpartnerschaft funktioniert dort ein wenig anders, aber nicht zwingend schwächer.
Die Annahme, dass Sozialpartnerschaft in unternehmenseigenen Pensionskassen automatisch stärker ist, ignoriert die professionellen Strukturen und die Unabhängigkeit, die sich in Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen etabliert haben.
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