Auf einen Blick
- Der ESG-Standard des Schweizerischen Pensionskassenverbands Asip schafft Transparenz über nachhaltige Anlagestrategien in der beruflichen Vorsorge.
- Der ESG-Standard deckte im Jahr 2023 fast die Hälfte des Vorsorgevermögens ab, wie eine Auswertung zeigt.
- Herausforderungen bestehen bei der Datenqualität und Vergleichbarkeit.
Nachhaltiges Investieren mit ESG-Siegel liegt im Trend. Das Akronym ESG geht auf das Jahr 2004 zurück, als ein Bericht der Vereinten Nationen dazu aufrief, nachhaltiges Handeln von Unternehmen in den Sphären Umwelt (E), Soziales (S) und guter Unternehmensführung (G) bei Investitionsentscheiden besser zu berücksichtigen. Hintergrund waren unter anderem die durch den Frachter Exxon-Valdez verursachte Ölpest vor Alaska im Jahr 1989 sowie Bilanzskandale der Konzerne Enron und MCI WorldCom um die Jahrtausendwende.
Inzwischen hat sich nachhaltiges Anlegen zu einer festen Grösse etabliert. Dies zeigt sich etwa an der Vielfalt von ESG-Anlageprodukten, dem wachsenden Anlagevolumen oder der Omnipräsenz des ESG-Vokabulars in Marketingbroschüren. Selbst Skandale um Greenwashing – also das ungerechtfertigte Zurschaustellen eines «grünen» Images – haben der Beliebtheit kaum geschadet. Angesichts der Energiekrise zu Beginn des Ukraine-Kriegs und der Wirtschaftspolitik des US-Präsidenten Donald Trump standen nachhaltige Investitionen zuletzt wieder in der Kritik.
Als stark verflochtener Finanzplatz steht die Schweiz beim Thema ESG nicht abseits, wie beispielsweise ein Blick auf das regulatorische Umfeld zeigt. So hat die Schweizerische Bankiervereinigung Nachhaltigkeitsstandards für die Branche eingeführt. So werden Nachhaltigkeitsaspekte in den Beratungsgesprächen inzwischen beispielsweise systematisch angesprochen. Die ermittelten ESG-Präferenzen sind anschliessend nach einem einheitlichen Klassifizierungssystem auf Produkte und Anlagestrategien zu übertragen.
ESG-Reporting-Standard für Pensionskassen
Auch bei den Schweizer Pensionskassen hat das Interesse an ESG-Kriterien in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Was einst als Nischenthema galt, ist heute in der beruflichen Vorsorge breit verankert. Diesen Wandel möchten die Kassen auch in ihrer Berichterstattung sichtbar machen. Viele von ihnen vermissten jedoch bislang breit akzeptierte, ganzheitliche und vergleichbare Indikatoren für das ESG-Reporting. Gesetzlich vorgeschrieben ist derzeit lediglich, dass Pensionskassen ihre Stimmrechte bei Schweizer Unternehmen aktiv ausüben und dokumentieren müssen.
In diese Bresche ist der Schweizerische Pensionskassenverband (Asip) gesprungen. Er hat im Jahr 2023 in enger Zusammenarbeit mit Fachleuten aus anderen Verbänden einen «ESG-Reporting Standard für Pensionskassen» entwickelt. Damit können die Pensionskassen ihre ESG-Aktivitäten transparent machen. Beispielsweise können sie nachvollziehbar aufzeigen, wie sie investiert sind und welche Meilensteine sie beim nachhaltigen Anlegen erreicht haben.
Der ESG-Reporting-Standard hat zwar empfehlenden Charakter. Der Asip als Schirmherr verbindet damit aber ein klares Bekenntnis: Eigenverantwortlich und sozialpartnerschaftlich getragen von der ganzen Branche soll der Standard die bestmögliche Transparenz zur ESG-Umsetzung herstellen. Mit dieser Selbstverpflichtung will der Verband dazu beitragen, dass die ohnehin immense Dichte an gesetzlichen Vorschriften und die Regulierungskosten in der beruflichen Vorsorge nicht weiter zunehmen.
Fokus auf Berichterstattung
Der Asip empfiehlt den Vorsorgeeinrichtungen in ihren Nachhaltigkeitsberichten sowohl qualitativ als auch quantitativ zu berichten. Qualitativ sollen etwa die ESG-Absichten sowie die angewendeten Ansätze (Stimmrechtsausübung, Engagement, Ausschlüsse etc.) beschrieben werden. Quantitativ sind Kennzahlen zu Stimmrechtsausübung und zum Engagement sowie Klimakennzahlen für Aktien, Anleihen und Immobilien zu erfassen.
Ende 2024 hat der Asip eine aktualisierte Version des Standards veröffentlicht (Asip 2024). Damit ist insbesondere die qualitative Berichterstattung gestärkt worden. Im Zentrum stehen dabei sogenannte Stewardship-Bestrebungen – also der aktive Dialog mit Unternehmen und die Ausübung von Aktionärsstimmrechten– die neu auch Informationen zum Eskalationsverfahren bei erfolglosen Engagement-Dialogen umfassen. Zudem wird ausdrücklich das Konzept des «Klima-Stewardship» hervorgehoben. Die Anforderungen im Bereich der quantitativen Berichterstattung, insbesondere bei den Kennzahlen, wurden hingegen auf vielfachen Wunsch vereinfacht und reduziert.
ESG-Reporting findet Anklang
In einer Studie hat das Prüfungs- und Beratungsunternehmen PWC Schweiz im Auftrag des Asip untersucht, inwieweit der ESG-Reporting-Standard im Geschäftsjahr 2023 bereits Anklang gefunden hat (Asip und PWC 2024). Die Studie dokumentiert die ESG-Berichterstattung und analysiert die Verbreitung und Akzeptanz des ESG-Reporting-Standards unter Schweizer Pensionskassen.
Die Ergebnisse sind vielversprechend: Knapp 9 von 10 der befragten Vorsorgeeinrichtungen verfolgten 2023 bereits ESG-relevante Anlageansätze. Fast die Hälfte des gesamten Vorsorgevermögens war bereits durch einen Nachhaltigkeitsbericht nach Asip-Standard abgedeckt. 45 Prozent der befragten Pensionskassen planen zudem, ein ESG-Reporting im Jahr 2024 einzuführen.
Zugleich weisen die Kassen bei ihren Anlagen, ausser bei den Staatsanleihen, einen im Vergleich zum Benchmark tieferen CO2-Fussabdruck aus oder legen unter anderem ihr Abstimmungsverhalten an Generalversammlungen im In- und Ausland offen. Besonders erfreulich ist, dass 80 Prozent der befragten Vorsorgeeinrichtungen einen Bezug zum Reporting-Standard des Asip herstellen.
Damit ist klar: Für Schweizer Pensionskassen ist ESG mehr als ein Lippenbekenntnis. Sie leisten einen konkreten Beitrag zur Schweizer Langfriststrategie, bis 2050 klimaneutral zu werden.
Lücken bei den Daten
Zwar sind die Resultate der ersten ESG-Berichte teilweise noch mit Vorsicht zu geniessen. Das liegt jedoch nicht am fehlenden Willen, sondern daran, dass Pensionskassen häufig noch mit mangelhafter Qualität oder lückenhafter Verfügbarkeit der Daten kämpfen. Innerhalb des Asip findet aber ein intensiver Austausch statt, um Erfahrungen zu sammeln und die Vergleichbarkeit künftig zu verbessern.
Zum einen liefern die ESG-Berichte den Stiftungsräten wertvolle Einblicke in die Wirkung getroffener Massnahmen. Zum anderen ermöglichen sie Versicherten und Arbeitgebern eine transparente Sicht auf die ESG-Strategie ihrer Vorsorgeeinrichtung. Mit seinem Engagement nimmt der Asip auch international eine Vorreiterrolle ein. Während der Verband in der Schweiz mittelfristig einheitliche ESG-Berichte entschlossen vorantreibt, fehlt es in anderen europäischen Ländern weitgehend an pensionskassenspezifischen Regulierungen. In der EU sind grosse Pensionskassen lediglich verpflichtet, über die wichtigsten nachteiligen Nachhaltigkeitsauswirkungen zu berichten.
Einmal mehr zeigt sich: Der Schweizer Ansatz der Selbstregulierung braucht den internationalen Vergleich nicht zu scheuen. Fachleute bescheinigen dem Asip, mit seinem ESG-Reporting Standard eine nachvollziehbare Balance zwischen Aussagekraft und Umsetzbarkeit gefunden zu haben.
Literaturverzeichnis
Asip (2024). ESG-Reporting: Standard für Pensionskassen V 1.1, 18. Dezember 2024.
Asip und PWC (2024). Marktstudie zum «ESG-Reporting Standard für Pensionskassen», November 2024.