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Kontaktlose Freizügigkeitskonten: Grossteil kann ausfindig gemacht werden

Die Stiftung Auffangeinrichtung BVG verwaltet insgesamt rund 950 000 kontaktlose Konten mit einem Gesamtkapital von 6 Milliarden Franken. Der Grossteil der Kontoinhabenden kann nach deren Pensionierung ausfindig gemacht werden.
Marc Gamba
  |  04. September 2025
    Recht und Politik
  • Berufliche Vorsorge
Bei einem Wohnortswechsel geht manchmal die Adressänderung an die Freizügigkeitseinrichtung vergessen. (Keystone)

Auf einen Blick

  • Kann einem Freizügigkeitskonto in der zweiten Säule keine gültige Adresse zugewiesen werden, so wird es «kontaktlos» – Sozialversicherungsnummer, Name und Geburtsdatum bleiben aber weiterhin bekannt.
  • Die Stiftung Auffangeinrichtung BVG verwaltet rund 950 000 kontaktlose Konten mit einem Gesamtkapital von 6 Milliarden Franken.
  • Die kontaktlosen Konten weisen mit durchschnittlich 5000 Franken ein deutlich tieferes Sparguthaben als die restlichen Freizügigkeitskonten der Auffangeinrichtung auf.

Arbeitnehmende sind in der Schweiz ab 25 Jahren obligatorisch in der zweiten Säule versichert, sofern sie mehr als 22 680 Franken im Jahr verdienen. Bei einem Stellenwechsel müssen die Versicherten sicherstellen, dass das Kapital von der bisherigen Pensionskasse zu derjenigen des neuen Arbeitgebers überwiesen wird. Besteht keine Weiterversicherung, muss das Guthaben an eine Freizügigkeitsstiftung oder an die Stiftung Auffangeinrichtung BVG transferiert werden.

Als Non-Profit-Organisation mit einem Auftrag des Bundes verwaltet die Auffangeinrichtung rund 1,5 Millionen Freizügigkeitskonten mit einem Vorsorgekapital von 19,2 Milliarden Franken. Das sind rund 60 Prozent aller Freizügigkeitsgelder in der Schweiz. Im Gegensatz zu Freizügigkeitsstiftungen von Finanzinstituten ist die Auffangeinrichtung verpflichtet, alle Gelder entgegenzunehmen und zu verwalten (gesetzlicher Kontrahierungszwang).

Stellenwechsel nicht immer nahtlos

In den meisten Fällen klappt der Kapitaltransfer an die neue Pensionskasse bei einem Stellenwechsel reibungslos. Verpasst es jedoch jemand beim Verlassen eines Arbeitgebers das Vorsorgeguthaben zu überweisen, muss die vorhergehende Vorsorgeeinrichtung dieses an die Auffangeinrichtung weiterleiten. Dies geschieht frühestens nach sechs Monaten, spätestens nach zwei Jahren.

Ein weiter Grund für den Transfer von Freizügigkeitsgeldern an die Auffangeinrichtung ist Arbeitslosigkeit: In diesem Fall wird das berufliche Vorsorgeguthaben aus der beruflichen Vorsorge in ein sogenanntes Freizügigkeitsguthaben umgewandelt. Dieses muss an eine Freizügigkeitsstiftung oder an die Auffangeinrichtung transferiert werden. Erfolgt dieser Wechsel nicht, leitet die letzte Pensionskasse das Geld an die Auffangeinrichtung weiter.

Auch eine Scheidung kann zu einer Überweisung an die Auffangeinrichtung führen, da das Vorsorgeguthaben geteilt wird. Ist eine der geschiedenen Personen keiner Pensionskasse angeschlossen, muss das Geld an eine Freizügigkeitsstiftung oder an die Auffangeinrichtung überwiesen werden. Letztere ist die einzige Institution in der Schweiz, bei der ein Freizügigkeitsguthaben bei der Pensionierung in Form einer Rente bezogen werden kann.

Weitere Gründe für ein Freizügigkeitskonto

Nebst einem Stellenwechsel, einer Arbeitslosigkeit oder einer Scheidung gibt es weitere Konstellationen, die zur Eröffnung eines Freizügigkeitskontos führen können:

  • Zu kleine Guthaben: Kleinstbeiträge werden von vielen Finanzinstitutionen oftmals gar nicht angenommen und gehen so an die Auffangeinrichtung.
  • Liquidation von Pensionskassen: Bei der Auflösung einer Pensionskasse entstehen manchmal Freizügigkeitsleistungen, nicht selten ohne aktuelle Adresse der begünstigten Personen. Diese Guthaben werden der Auffangeinrichtung überwiesen.
  • Staatsbürgerschaft: Finanzinstitutionen schliessen Personen aus gewissen Staaten aus regulatorischen Gründen aus ihrem Portfolio aus. Die Auffangeinrichtung nimmt solche Freizügigkeitsgelder auf.
  • Wegzug in den EU-Raum: Verlassen Personen während ihrer Berufstätigkeit die Schweiz, dürfen sie nur ihr überobligatorisch angespartes Vorsorgeguthaben beziehen. Der obligatorisch versicherte Teil kann bei der Auffangeinrichtung deponiert werden.
  • Planausgestaltung: Je nach Versicherungsplan der Vorsorgeeinrichtung kann man nicht sein gesamtes BVG-Altersguthaben in die neue Pensionskasse einbringen. Der überschiessende Teil muss in ein Freizügigkeitsguthaben umgewandelt werden – zum Beispiel bei der Auffangeinrichtung.

Unachtsamkeit bei Wohnortswechsel

Wer kennt es nicht? Im Umzugsstress gilt es Tausende Dinge zu organisieren, unter anderem die zahlreichen Adressänderungen. Im besten Fall denkt man daran, einen Post-Nachsendeauftrag einzurichten, um sich hierfür ein bisschen mehr Zeit einzuräumen. Dennoch kommt es oft – meist aufgrund von Nachlässigkeit – vor, dass nicht alle Stellen vom Umzug erfahren. Diese Realität spürt die Auffangeinrichtung immer wieder und sehr deutlich.

Liegt eine aktuelle Adresse vor, erhält die Person von der Auffangeinrichtung jährlich einen Kontoauszug. Doch ohne rechtzeitige Adressmeldung wird das Konto kontaktlos. Häufig erhält die Auffangaufrichtung auch bei neuen Konten, die aufgrund der oben genannten Gründe zugeführt werden, keine oder keine aktuelle Adresse. Dies führt dazu, dass aktuell mehr als 950 000 Konten bei der Auffangeinrichtung kontaktlos sind.

Diese Konten sind aber nicht etwa inhaberlos, denn die Sozialversicherungsnummer, der Name und das Geburtsdatum sind in den allermeisten Fällen bekannt. Statistische Auswertungen bezüglich Herkunft, Nationalität oder Alter der Kontoinhabenden führt die Auffangeinrichtung allerdings nicht durch.

Rund 6 Milliarden an kontaktlosem Vermögen

Im Jahr 2024 verwaltete die Auffangeinrichtung rund 950 000 kontaktlose Konten mit einem Gesamtguthaben von 6 Milliarden Franken. Der Anteil kontaktloser Konten am Gesamtbestand aller Freizügigkeitskonten der Auffangeinrichtung liegt seit Jahren konstant bei rund 65 Prozent.

Auffällig ist, dass kontaktlose Konten durchschnittlich ein deutlich tieferes Sparguthaben als die restlichen Freizügigkeitskonten der Auffangeinrichtung aufweisen: Drei Viertel der kontaktlosen Konten haben weniger als 5000 Franken Sparguthaben. Auch dieser Wert ist seit Jahren stabil.

Die Gesamtsumme von 6 Milliarden Franken an kontaktlosem Vermögen erscheint im ersten Moment sehr eindrücklich. Stellt man sie jedoch in den Kontext des gesamten Kapitals, das in der zweiten Säule in der Schweiz aktuell vorhanden ist, relativiert sich das Bild: Ende 2024 befanden sich gemäss der Schweizerischen Sozialversicherungsstatistik in der beruflichen Vorsorge Vermögensgelder von rund 1100 Milliarden Franken. Der Anteil der kontaktlosen Konten bei der Auffangeinrichtung entspricht somit etwa 0,6 Prozent des Gesamtkapitals.

Sicherheit für die Sparguthaben

Kontaktlose Guthaben werden bei der Auffangeinrichtung verwaltet und verzinst, bis sich die Kontoinhaberin oder der Kontoinhaber meldet. Mehr als drei Viertel der kontaktlosen Konten können ihren Besitzerinnen und Besitzern nach der Pensionierung zugeführt werden.

Ein Teil dieser Rückführung an Besitzerinnen und Besitzer beziehungsweise an deren Nachkommen ist der «Zentralstelle 2. Säule» des Sicherheitsfonds BVG zu verdanken. Sie macht für alle Personen, sobald sie das Referenzalter erreicht haben, eine Abfrage bei der Zentrale Ausgleichsstelle (ZAS). Für Personen, die in der Schweiz bereits eine Altersrente aus der ersten Säule (AHV) beziehen, kann die Adresse über die zuständigen Ausgleichskassen ermittelt werden.

Die restlichen Gelder bleiben bei der Auffangeinrichtung und werden weiter verzinst. Die Auffangeinrichtung verwaltet das Guthaben längstens bis zehn Jahre nach der ordentlichen Pensionierung der versicherten Person. Werden die Gelder auch dann nicht beansprucht, überweist die Stiftung die Sparguthaben nach Vollendung des 75. Altersjahrs der Person dem Sicherheitsfonds BVG. Dort besteht die Möglichkeit, das Geld bis zum rechnerisch hundertsten Geburtstag der Person zu beziehen.

Nach dem abgelaufenen hundertsten Geburtstag geht das immer noch nicht beanspruchte Freizügigkeitsguthaben endgültig in das Vermögen des Sicherheitsfonds BVG über und kann von Nachkommen oder Erben nicht mehr eingefordert werden. Der Sicherheitsfonds verwendet die Mittel zur Finanzierung seiner gesetzlichen Aufgaben, insbesondere zur Sicherstellung der Leistungen im Rahmen der beruflichen Vorsorge für die gesamte Schweiz.

Geschäftsführer, Stiftung Auffangeinrichtung BVG
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