Plattform beschleunigt Datenaustausch zwischen Pensionskassen

Auf der Plattform «BVG Exchange» können Pensionskassen Daten zu Freizügigkeitsleistungen austauschen. Derzeit beteiligen sich über 340 Vorsorgeeinrichtungen.
Roman Senti
  |  08. Februar 2024
    Meinung
  • Berufliche Vorsorge
In der Gastronomie ist die Fluktuation hoch – dies widerspiegeln auch die zahlreichen Ein- und Austritte in die Pensionskasse Gastrosocial. (Keystone)

Auf einen Blick

  • Die von der Stiftung Auffangeinrichtung BVG betriebene Plattform «BVG Exchange» ermöglicht den Datenaustausch zu Freizügigkeitsleistungen unter Schweizer Pensionskassen.
  • Die Übermittlung geschieht automatisch und sicher dank einer elektronischen Schnittstelle.
  • Im Jahr 2023 wurden insgesamt rund 170 000 Daten zu Freizügigkeitsleistungen übertragen.

Schweizer Pensionskassen tauschen tagtäglich tausendfach Daten untereinander aus: Arbeitnehmende wechseln ihre Stellen, treten aus Vorsorgeeinrichtungen aus und werden in neuen Kassen wieder angeschlossen.

Diese wiederkehrenden Prozesse sind mit einem relativ hohen administrativen Aufwand verbunden. Denn fast jede Kasse arbeitet anders: Einige verwenden proprietäre Excel-Tabellen, während andere die Informationen anhand von physischen Austrittsabrechnungen der Versicherten zusammentragen.

Je nach Erwerbsbiographie einer Person sind die Austrittsdaten äusserst umfangreich. Sie enthalten Stammdaten wie AHV-Nummer, Geburtsdatum, Sprache und Wohnadresse sowie weitere Informationen wie beispielsweise Kapitalüberweisungen, Vorbezüge, Einkäufe oder Gesundheitsvorbehalte.

Derzeit findet der Datenaustausch meist auf dem Postweg statt. Bis die Daten abgeglichen sind vergehen meist mehrere Tage. Die kaum vorhandene Standardisierung ist zudem fehleranfällig und birgt Sicherheitsrisiken. Mit anderen Worten: Beim Austausch der Pensionskassen besteht ein grosses Optimierungspotenzial.

Auffangeinrichtung als Initiatorin

Besonders betroffen von dieser Heterogenität und Schwerfälligkeit in der zweiten Säule ist die Stiftung Auffangeinrichtung BVG. Als Auffangnetz der beruflichen Vorsorge sorgt sie im Auftrag des Bundes dafür, dass sich alle in der Altersvorsorge absichern können – also auch Arbeitnehmende, die sonst in keiner Pensionskasse aufgenommen werden. Darüber hinaus betreut sie im Bereich der Freizügigkeitskonten über 1,4 Millionen Kundinnen und Kunden. Im Jahr 2023 haben ihr Pensionskassen über 280 000 Freizügigkeitsleistungen übertragen.

Um die Vorsorgeeinrichtungen digital zu vernetzen, hat die Auffangeinrichtung vor etwas mehr als zehn Jahren die Plattform «BVG Exchange» konzipiert. Ziel ist es, dereinst alle Austrittsdaten und Freizügigkeitsleistungen der Pensionskassen über diese Plattform abzuwickeln – unabhängig davon, ob die Auffangeinrichtung involviert ist oder nicht. Um den Anreiz für Vorsorgeeinrichtungen zu erhöhen, ist die Nutzung der Plattform für Institutionen der zweiten Säule kostenlos. Aufgrund der eingesparten Verwaltungskosten lohnt sich diese Investition für die Auffangeinrichtung.

Aktuell nutzen über 340 von insgesamt rund 1350 Vorsorgeeinrichtungen in der Schweiz die Plattform (siehe Grafik). Dies entspricht rund einem Viertel. Darunter finden sich viele grosse Kassen wie beispielsweise Gastrosocial, die in über 22 000 Hotel- und Restaurantbetrieben mehr als 170 000 Versicherte zählt. Aufgrund der hohen Fluktuation in der Branche bearbeitet Gastrosocial über die Plattform rund 1000 Aus- und Eintritte pro Monat.

Insgesamt wurden im Jahr 2023 via «BVG Exchange» rund 170 000 Daten zu Freizügigkeitsleistungen transferiert. Davon profitiert insbesondere die Auffangeinrichtung: Derzeit werden bereits über die Hälfte der Angaben zu Freizügigkeitsleistungen über die Plattform übermittelt.

Das Erfolgsgeheimnis von ««BVG Exchange»» liegt in der Einfachheit. Benutzt wird ein einheitliches Datenformat, basierend auf dem XML-Standard. So kann der Datenaustausch automatisch, schnell, sicher und fehlerfrei abgewickelt werden. Das Angebot wird dabei stetig ausgebaut.

So ist es seit Kurzem möglich, sogenannte Wiederanschlusskontrollen über «BVG Exchange» durchzuführen. Sprich: Wenn eine Vorsorgeeinrichtung meldet, dass ein Anschlussvertrag aufgelöst wurde, prüft die Auffangeinrichtung, ob das BVG-pflichtige Personal neu versichert wurde.

Mitte 2024 sind weitere Neuerungen geplant: Mit der Erweiterung um «BVG Match» werden Freizügigkeitsleistungen noch leichter den richtigen Platz finden. Das Prinzip: Verlässt eine Person ihren Arbeitgeber und somit dessen Pensionskasse ohne den Transfer zur nächsten Kasse zu organisieren, kann die verlassene Kasse die Austrittsdaten in den «BVG Match»-Pool senden. Die neue Pensionskasse meldet ihrerseits einen Eintritt. Finden sich ein Austritt und ein Eintritt derselben Person, wird die alte Pensionskasse über diesen «Match» informiert und kann die Freizügigkeitsleistung direkt an die neue Pensionskasse übertragen.

Ein weiteres Projekt betrifft den Pensionskassenwechsel von Firmen. Sucht eine Firma eine neue Pensionskasse, holt sie gewöhnlich Offerten ein. Um genau rechnen zu können, muss die potenzielle neue Pensionskasse den anonymisierten Datenstamm der anfragenden Firma aufsetzen. Sagt die anfragende Firma zu, könnten mit der neuen Lösung durch «BVG Exchange» der gesamte Datenstamm automatisch in die neue Pensionskasse übernommen werden. Ein Projektteam arbeitet derzeit an Umsetzungsmöglichkeiten.

Leiter IT, Stiftung Auffangeinrichtung BVG
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