Auf einen Blick
- Am 14. März 2025 hat der Bundesrat acht Massnahmen verabschiedet, die dazu beitragen werden, die Kinderrechte in der Schweiz zu stärken.
- Der Bericht des Bundesrats basiert auf Empfehlungen des UN-Kinderrechtsausschusses aus dem Jahr 2021.
- Die Massnahmen zielen insbesondere darauf ab, die Partizipation von Kindern und Jugendlichen zu verbessern und bestimmte Berufsgruppen, die für und mit Kindern arbeiten, besser für Kinderrechte zu schulen.
Die Verabschiedung des Übereinkommens über die Rechte des Kindes (Kinderrechtskonvention) 1989 durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen (UNO) war ein Meilenstein in der Anerkennung der Kinderrechte. Die Kinderrechtskonvention verankert die Rechte von Kindern in vielen Lebensbereichen und beruht auf den allgemeinen Grundsätzen der Nichtdiskriminierung (Art. 2), des Vorrangs des Kindeswohls (Art. 3), des Rechts auf Leben und Entwicklung (Art. 6) sowie des Rechts, seine Meinung zu äussern und angehört zu werden (Art. 12). Mit der Ratifizierung der Kinderrechtskonvention im Jahr 1997 hat sich die Schweiz verpflichtet, die darin festgelegten Rechte umzusetzen.
Zyklischer Prozess
Grundsätzlich muss die Schweiz dem UN-Kinderrechtsausschuss (Ausschuss) alle fünf Jahre über den Stand der Umsetzung der Kinderrechtskonvention und die erzielten Fortschritte Bericht erstatten (Staatenbericht; vgl. Art. 44 Kinderrechtskonvention).
Am Ende des Berichtsverfahrens formuliert der Ausschuss jeweils Schlussbemerkungen, in denen er die erzielten Fortschritte und seine wichtigsten Bedenken hervorhebt; zudem formuliert er Empfehlungen für eine bessere Umsetzung der Konvention. Die letzten Empfehlungen des Ausschusses zuhanden der Schweiz wurden im Oktober 2021 veröffentlicht (UN-Kinderrechtsausschuss 2021). Im Rahmen eines koordinierten Follow-up-Prozesses, den der Bund im vorherigen Zyklus entwickelt und bereits eingesetzt hat (Hafner 2019), wurden diese Empfehlungen analysiert. Am Follow-up-Prozess mitgewirkt haben die zuständigen Bundesämter und -stellen sowie die betroffenen interkantonalen Konferenzen. In einer spezifischen Phase des vom Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) geleiteten Projekts konnten sich erstmals auch bestimmte Akteure der Zivilgesellschaft zu ausgewählten Empfehlungen äussern (Bundesrat 2025).
Im Anschluss an das Selektionsverfahren wurden in Zusammenarbeit mit den zuständigen Bundesämtern und -stellen sowie den interkantonalen Konferenzen acht Massnahmen zur Verbesserung der Umsetzung der Kinderrechtskonvention festgelegt und vom Bundesrat verabschiedet (siehe Kasten; Bundesrat 2025: 19 ff.).
Die acht Massnahmen des Bundesrats
- Kinderrechte in Gesetzgebungsverfahren stärker berücksichtigen.
- Die Strategie des BSV in der Kinder- und Jugendpolitik überprüfen und ausgehend von den Resultaten dieser Analyse weiterentwickeln.
- Die Partizipation von Kindern und Jugendlichen im Rahmen von Projekten der Bundesverwaltung durch die Bereitstellung eines praktischen Leitfadens stärken.
- Prüfen, wie und mit welchen Instrumenten sich Kinder und Jugendliche am nächsten Follow-up-Prozess zu den Empfehlungen des UN-Kinderrechtsausschusses beteiligen könnten.
- Prüfen, in welcher Form und in welchen Projektphasen sich die Zivilgesellschaft am Follow-up-Prozess zu den Empfehlungen des UN-Kinderrechtsausschusses beteiligen könnte, um diese Beteiligung und den Austausch zwischen staatlichen Akteuren und der Zivilgesellschaft zu stärken.
- Sicherstellen, dass die Kinderrechte in der Schulung von Mitarbeitenden, die in Bundesasylzentren mit Kindern arbeiten, thematisiert werden.
- Im Rahmen der Aufarbeitung der Thematik der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierung Weiterbildungen im Bereich der Partizipation für Berufsfachleute des Kindesschutzes entwickeln/unterstützen.
- Gemeinsam mit den relevanten Akteuren prüfen, wie insbesondere das Schulumfeld mit konkreten Hilfestellungen und Instrumenten unterstützt werden kann bei der Prävention von Mobbing und Cybermobbing.
Gesetzgebung und Strategie
Die erste Massnahme zielt darauf ab, die Kinderrechte in Gesetzgebungsverfahren stärker zu berücksichtigen. Aktuell werden bei der Ausarbeitung oder Änderung von Gesetzen die Auswirkungen auf die Rechte des Kindes nicht systematisch geprüft. Das offizielle Dokument, das als Leitfaden für das Verfassen von Botschaften zu Erlasstexten dient (Botschaftsleitfaden), soll neu die Kinderrechte ausdrücklich erwähnen. Die Bundeskanzlei und das BSV werden die entsprechenden Arbeiten vorantreiben.
Darüber hinaus wird das BSV seine Strategie im Bereich Kinder- und Jugendpolitik überprüfen, wenn möglich in Zusammenarbeit mit den Kantonen und Dritten, da die Kinder- und Jugendpolitik eine Querschnittsaufgabe ist. Bei der Erfüllung ihrer Aufgaben tragen Bund und Kantone den besonderen Förderungs- und Schutzbedürfnissen von Kindern und Jugendlichen Rechnung. Die Grundlage dazu bilden verschiedene Bestimmungen der Bundesverfassung (Art. 11, Art. 41 Abs. 1 Bst. g und Art. 67 Abs. 1).
Partizipation der Kinder und der Zivilgesellschaft
Mit weiteren Massnahmen will der Bundesrat die Partizipation von Kindern und Jugendlichen stärken. Kinder und Jugendliche haben heute kaum Möglichkeiten, sich an Projekten der Bundesverwaltung zu beteiligen. Um die Partizipation zu stärken, soll ein Praxisleitfaden erarbeitet werden.
Diese Massnahme wird vom BSV zunächst im Rahmen eines oder mehrerer geeigneter Projekte umgesetzt werden. Danach könnte sie ausgeweitet werden oder als Modell für andere Bundesämter und -stellen dienen. Gestützt auf die Umsetzungsarbeiten für diese Massnahme wird das BSV zudem prüfen, wie sich Kinder und Jugendliche am nächsten Follow-up-Prozess zu den Empfehlungen des UN-Kinderrechtsausschusses beteiligen könnten.
Auch die Zivilgesellschaft spielt im Bereich der Kinderrechte eine zentrale Rolle. Der Bundesrat hat daher beschlossen, die Beteiligung der Zivilgesellschaft im Rahmen des Follow-up-Prozesses zu verstärken. Das BSV wird die Möglichkeiten prüfen. Damit soll auch der Austausch zwischen den staatlichen Akteuren und der Zivilgesellschaft gefördert werden.
Besser geschulte Fachleute
Bestimmte Berufsgruppen, die mit und für Kinder arbeiten, sollen zudem verstärkt im Bereich Kinderrechte geschult werden. Einerseits wird das Staatssekretariat für Migration (SEM) sicherstellen, dass die Kinderrechte in die Schulung von Mitarbeitenden, die in Bundesasylzentren mit Kindern arbeiten, einfliessen. Ziel ist es, dass alle Mitarbeitenden, die in solchen Zentren Familien und Kinder betreuen, mit dem Thema vertraut sind.
Andererseits wird das Bundesamt für Justiz Weiterbildungen für Berufsfachleute des Kindesschutzes zum Thema der Partizipation entwickeln oder unterstützen. Diese Massnahme steht im Zusammenhang mit der Aufarbeitung der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981 (siehe Art. 15 Abs. 5 Bst. c des Bundesgesetzes über die Aufarbeitung der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981). Hier gilt es, historisches Wissen, Überlegungen zur aktuellen Praxis sowie den Kontext der Kinderrechte miteinander zu verbinden.
Prävention von Mobbing
Über die nationale Plattform Jugend und Medien wurden bereits konkrete Massnahmen zur Prävention von Mobbing und Cybermobbing getroffen. Der Bundesrat will diese fortführen. Das BSV wird daher gemeinsam mit den relevanten Akteuren prüfen, wie insbesondere das Schulumfeld mit konkreten Hilfestellungen und Instrumenten bei der Prävention von Mobbing und Cybermobbing unterstützt werden kann.
Wie geht es weiter?
Die zuständigen Ämter müssen die Massnahmen nun unter Einbezug der betroffenen Akteure umsetzen. Über den Stand der Umsetzung der Massnahmen wird im nächsten Staatenbericht der Schweiz informiert. Wie im vorangegangenen Zyklus wird dieser Bericht nach einem vereinfachten Verfahren erstellt. Grundlage dazu bildet eine vom Ausschuss vorgängig eingereichte Liste von Fragen («List of Issues Prior to Reporting»).
Der Ausschuss überprüft derzeit seine Planung für die Berichterstattung der kommenden Jahre. Er wird der Schweiz in den nächsten Monaten eine neue Frist für die ursprünglich für den 7. März 2026 geplante Einreichung des Staatenberichts setzen.
Literaturverzeichnis
Ausschuss für die Rechte des Kindes der UNO (2021). Schlussbemerkungen zum fünften und sechsten Staatenbericht der Schweiz.
Bundesrat (2025). Stand der Umsetzung der Massnahmen des Bundesrates vom 19. Dezember 2018 und Follow-up der Empfehlungen des UN-Kinderrechtsausschusses vom Oktober 2021.
Hafner, Sibylle (2019). Kinderrechtskonvention – Lücken in der Umsetzung schliessen. Soziale Sicherheit CHSS, 7. Juni 2019.