Babyboom-Generation geht in Rente: Eine Herausforderung für die AHV?

Die Zahl der über 65-Jährigen wird künftig stärker wachsen als die Bevölkerung im Erwerbsalter. Einer der Hauptgründe dafür ist die Babyboom-Generation. Was bedeuten diese Dynamiken für die AHV?
Ilka Steiner
  |  27. Februar 2025
    Forschung und Statistik
  • Alters- & Hinterlassenenversicherung
  • Demografie
Jung und Alt auf einem Tandem an der Veloparade «Old up» in Genf. (Keystone)

Auf einen Blick

  • Der Anteil Menschen im Rentenalter an der Bevölkerung im Erwerbsalter wird bis 2070 weiter steigen, wenn auch mit unterschiedlicher Geschwindigkeit.
  • Das demografische Ungleichgewicht wird auch nach dem Ableben der Babyboom-Generation beträchtlich bleiben.
  • Die steigende Lohnsumme scheint die Effekte der demografischen Entwicklung auf die Finanzen der AHV künftig etwas abfedern zu können.

Die Gesamtbevölkerung der 65-Jährigen und Älteren in der Schweiz wird gemäss den Demografieszenarien von 1,6 Millionen im Jahr 2020 auf 2,7 Millionen im Jahr 2050 ansteigen. Bis 2070 nähert sie sich sogar der Marke von 3 Millionen, was beinahe einer Verdoppelung der Bevölkerung oder einer Wachstumsrate von 83 Prozent entspricht. Dieser Anstieg ist auf das Erreichen des Referenzalters der Babyboom-Generation, die Zuwanderung und die steigende Lebenserwartung zurückzuführen. Für die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) bedeutet dies deutlich höhere Ausgaben, da die Entwicklung der Anzahl Rentenbeziehenden direkt das ausbezahlte Rentenvolumen beeinflusst.

Die Babyboom-Generationhier definiert als die zwischen 1946 und 1964 in der Schweiz geborenen Personen, zeichnet sich im Vergleich zu den vorherigen und nachfolgenden Generationen vor allem durch ihre zahlenmässige Grösse aus. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Fertilitätsrate mit über 2,1 Kindern pro Frau besonders hoch.

Die Babyboom-Generation erreicht das Referenzalter zwischen 2010 und 2029. Im Jahr 2010 wurde die erste Kohorte der Babyboomerinnen (1946 geboren) 64 Jahre alt, gefolgt von der ersten Kohorte der Babyboomer (1946 geboren und somit 65 Jahre alt) im Jahr 2011. Im Jahr 2029, mit einem harmonisierten Referenzalter für Männer und Frauen, wird dann die letzte Kohorte 65 Jahre alt (Frauen und Männer, die 1964 geboren wurden). Bevölkerungsprognosen zufolge zählt die Schweiz im Jahr 2070 die letzten 1000 Babyboomerinnen und Babyboomer im Alter von 106 bis 111 Jahren.

Die gegenwärtige und die zukünftige Bevölkerung im Rentenalter (Grafik 1) setzen sich nicht nur aus in der Schweiz geborenen Babyboomerinnen und Babyboomern zusammen, sondern auch aus im Ausland geborenen Personen, die im Laufe ihres Lebens in die Schweiz eingewandert sind. Der Anstieg der in der Schweiz geborenen Bevölkerung im Referenzalter ist zwischen 2020 und 2050 besonders auffallend und lässt sich durch den Rentenübergang der geburtenstarken Jahrgänge der Babyboom-Generation erklären. Aber auch die in den letzten Jahrzehnten im Erwerbsleben zugewanderte Bevölkerung wird altern und so zum Anstieg der 65-Jährigen und Älteren beitragen.

G1: Alterspyramiden der in der Schweiz und im Ausland geborenen Personen (2020, 2050 und 2070)

Steigende Lebenserwartung

Dieser Anstieg der Anzahl Personen im Rentenalter geht mit einer steigenden Lebenserwartung einher. Tatsächlich leben die Menschen im Durchschnitt immer länger, was sich auf die Bezugsdauer der AHV-Altersrenten auswirkt. Gut sichtbar ist diese Entwicklung anhand der Zunahme der 85-Jährigen und Älteren von 2020 bis 2050 in der Grafik 1.

Während die Lebenserwartung bei der Geburt im Jahr 1948, dem Jahr der Einführung der AHV, für Männer 65 Jahre und für Frauen 69 Jahre betrug, stieg sie 2018 auf 82 beziehungsweise 85 Jahre. Nach dem Referenzszenario werden im Jahr 2070 Männer 88 Jahre und Frauen 92 Jahre alt werden. Ausserdem nimmt die Zahl der Hundertjährigen zu: Von 1950 bis 2010 hat sie sich alle zehn Jahre fast verdoppelt. Im Jahr 2023 lebten in der Schweiz etwas mehr als 2000 Hundertjährige und Ältere; im Jahr 2070 werden es laut dem Referenzszenario fast 37 000 sein.

Weiterhin zunehmender Altersquotient

Die Alterspyramiden zeigen, dass sich die Bevölkerung im Erwerbsalter (20 bis 64 Jahre) zahlenmässig wenig verändert (Grafik 1). Tatsächlich wird die Bevölkerung von 5,3 Millionen im Jahr 2020 auf 5,8 Millionen im Jahr 2050 und auf 6 Millionen im Jahr 2070 ansteigen, was einer Wachstumsrate von 13 Prozent entspricht. Diese Entwicklung beruht auf den Annahmen zur Entwicklung der Fertilität (leichter Anstieg) und des Wanderungssaldos (leichter Anstieg, gefolgt von einem Rückgang). Für die AHV bedeutet es, dass die beitragszahlende Bevölkerung nur leicht zunimmt.

Der sogenannte Altersquotient ermöglicht es, die Grösse der Bevölkerung im Rentenalter mit der Grösse der Bevölkerung im Erwerbsalter zu vergleichen und so die relative demografische Bedeutung älterer Menschen zu bestimmen. Im Jahr 1971 lag dieses Verhältnis bei 20:100 (Grafik 2), das heisst, auf eine Person im Referenzalter kamen fünf Personen im Erwerbsalter. Im Jahr 2019 lag es erstmals bei über 30:100, und die Schwelle von 40:100 dürfte im Jahr 2033 überschritten werden.

Der Altersquotient erhöht sich im Zeitraum 2020 bis 2030 aufgrund des Erreichens des Referenzalters der Babyboomerinnen und Babyboomer besonders schnell (Grafik 3). Aber auch nach 2030 wird er weiter steigen – und zwar bis 2070, was wie oben beschrieben auf die langsamere Zunahme der Bevölkerung im Erwerbsalter zurückzuführen ist. Im Jahr 2064 wird der Altersquotient 50:100 betragen. Auf eine Person im Rentenalter werden dann nur noch zwei Personen im Erwerbsalter kommen.

Das Niveau des Altersquotienten bleibt also auch in Zukunft hoch, auch wenn er nach 2050 weniger stark ansteigen wird. Derzeit gibt es keine Prognosen, die einen Rückgang des Altenquotienten erwarten lassen.

Lohnsumme steigt

Für das finanzielle Gleichgewicht der AHV spielt jedoch nicht nur die demografische Entwicklung der Bevölkerung im Renten- und Erwerbsalter eine Rolle, sondern auch die Entwicklung des Verhältnisses zwischen AHV-Ausgaben und Lohnbeiträgen. Letztere machen über 70 Prozent der Einnahmen der AHV aus.

Die Lohnsumme ist in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen. Entscheidend waren dafür die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt. Einerseits ist dies die Arbeitsmarktbeteiligung: In den vergangenen 20 Jahren war diese – nebst einem Anstieg der Arbeitskräfte aus dem Ausland inklusive Grenzgängerinnen und Grenzgänger – von einem Anstieg der Arbeitsmarktbeteiligung der Frauen getrieben. Begleitend führte ein anhaltender Strukturwandel, also die Verschiebung von Arbeitskräften hin zu Branchen mit höherer Wertschöpfung, zu einem Anstieg der Löhne.

Die Erhöhung der Lohnsumme scheint den Rentenübergang der Babyboom-Generation etwas abfedern zu können. So nimmt das Verhältnis zwischen AHV-Ausgaben und Lohnsumme zwar zwischen 2025 und 2027 aufgrund der Einführung der 13. AHV-Rente etwas stärker zu, bis 2040 ist der Zuwachs jedoch moderater als für den Altersquotienten (siehe Grafik 4). Nicht berücksichtigt sind jedoch weitere Einnahmequellen der AHV.

Unsicherheit von Projektionen

All diese Überlegungen basieren auf Projektionen. Den künftigen Entwicklungen liegen also Hypothesen zugrunde, wie zum Beispiel betreffend Migrationsdynamik oder die Progression der Lohnsumme. Je weiter in die Zukunft diese Berechnungen gehen, desto unsicherer werden sie. Doch auch wenn sie keine genaue Zukunftsentwicklung voraussagen, so zeigen sie dennoch eine Tendenz auf.

Ausserdem muss beachtet werden, dass mit den hier berücksichtigten Geburtsjahrgängen von 1946 bis 1964 eine enge Definition des Babybooms gewählt wurde. Diese beruht auf einer soziodemografischen Abgrenzung ab Ende des Zweiten Weltkriegs bis zum Pillenknick. Würde eine rein demografische Definition, basierend auf der Anzahl Geburten oder der Geburtenziffer, gewählt, könnte der Babyboom durchaus von 1938 bis 1964 oder sogar bis 1970 abgesteckt werden. Somit wäre die Babyboom-Generation nicht nur zahlreicher, sondern ihr Einfluss auf die AHV auch länger spürbar (siehe auch Berechnungen zu AHV-Ausgaben: Kalbfuss 2025).

Sicher scheint: Der Anteil der Rentenbeziehenden steigt im Verhältnis zur Bevölkerung im Erwerbsalter bis 2070 stark an, und dies auch noch, nachdem die Babyboom-Generation verstorben ist. Das finanzielle Gleichgewicht der AHV wird deshalb stark abhängig sein von der weiteren Entwicklung der Lohnsumme wie auch von zusätzlichen Einnahmequellen.

Literaturverzeichnis

BFS (2020). Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung der Schweiz und der Kantone 2020–2050.

Favre, Sandro; Föllmi, Reto; Zweimüller, Josef (2023). Migration und Sozialversicherungen. Eine Betrachtung der ersten Säule und der Familienzulagen. Studie im Auftrag des BSV. Aspekte der sozialen Sicherheit. Forschungsbericht Nr. 6/23.

Kalbfuss, Jörg (2025). Der Einfluss des Baby-Booms auf die AHV-Ausgaben der nächsten Jahrzehnte. Notiz des BSV. 24. Februar.

Doktorin in Demografie, wissenschaftliche Beraterin der Direktion des BSV; Lehrbeauftragte, Universität Neuenburg
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