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Sommersession 2025: Themen der sozialen Sicherheit

Ältere Menschen, die Ergänzungsleistungen beziehen, sollen dank Betreuung zu Hause wohnen bleiben können. Dies verlangt eine der Vorlagen zur sozialen Sicherheit, mit denen sich das Parlament in der Sommersession vom 2. bis 20. Juni 2025 befasst hat.
Stefan Sonderegger
  |  24. Juni 2025
    Recht und Politik
  • Session
Nationalratspräsidentin Maja Riniker (FDP/AG; Bildmitte) in der Sommersession 2025. (Parlamentsdienste / Pascal Mora)

Auf einen Blick

  • Parlament sagt Ja zu Ergänzungsleistungen für betreutes Wohnen zu Hause.
  • IV-Gutachten mit gravierenden Mängeln sollen neu beurteilt werden können.
  • Ständerat macht Vorschlag zur Finanzierung der 13. AHV-Rente.

Ergänzungsleistungen für betreutes Wohnen zu Hause

Seniorinnen und Senioren, aber auch Menschen mit Behinderung, sollen auch mit Ergänzungsleistungen dank Betreuung in ihrem Zuhause leben können statt in einem Heim. Darauf haben sich beide Räte geeinigt. Ziel der Anpassung des Ergänzungsleistungsgesetzes ist eine Entlastung von Alters- und Pflegeheimen. Der Bundesrat geht davon aus, dass in den nächsten Jahren rund 32 000 Personen im Rentenalter diese Leistungen in Anspruch nehmen dürften. Ebenfalls rund 32 000 Menschen würden Ergänzungsleistungen wegen Invalidität beziehen. Je nach Bedarf werden Pauschalen ausgerichtet, unter anderem für Mahlzeitendienste, Fahrdienste und Begleitung und ein Notrufsystem. Bei IV-Bezügerinnen und -Bezügern soll die Betreuung zu Hause nur mit Ergänzungsleistungen finanziert werden, wenn das Leistungsangebot der IV ausgeschöpft ist. Die Hilfe und Betreuung zu Hause liegt in der Kompetenz der Kantone und wird von diesen finanziert. Die Pauschalen für jede Leistung können sie selber festlegen, die Summe aller Pauschalen soll aber mindestens 11 160 Franken im Jahr betragen müssen.

Bundesgesetz über die Ergänzungsleistungen zur AHV/IV (Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause)

Zweifelhafte IV-Gutachten: Neubeurteilung von Verfügungen

Verfügungen zu IV-Gutachten mit gravierenden Mängeln sollen neu beurteilt werden können. Das fordert eine Motion der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats (SGK-N), welche nun zur Umsetzung an den Bundesrat geht. Versicherte sollen künftig ein Revisionsgesuch stellen können, wenn ihr IV-Entscheid auf Einschätzungen von Gutachterstellen beruht, mit denen die Zusammenarbeit aufgrund einer Empfehlung der Kommission für Qualitätssicherung in der medizinischen Begutachtung (EKQMB) eingestellt wurde. Im Oktober 2023 hatte das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) mitgeteilt, dass die Invalidenversicherung keine bi- und polydisziplinären Gutachten mehr an ein bestimmtes Unternehmen vergeben werde. Die EKQMB hatte zuvor in dessen ärztlichen Gutachten formale und inhaltliche Mängel festgestellt.

Neubeurteilung von IV-Leistungsentscheiden bei von der EKQMB festgestellten gravierenden Mängeln bei der Begutachtung

Mehrwertsteuer und Lohnprozente für die AHV

Für die Finanzierung der 13. AHV-Rente sollen die Mehrwertsteuer und auch die Lohnbeiträge erhöht werden. Der Ständerat hat dazu als Erstrat ein Konzept bewilligt und dabei auch schon an eine Abschaffung der AHV-Heiratsstrafe gedacht. Die kleine Kammer schlägt vor, die Lohnbeiträge an die AHV ab 1. Januar 2028 um 0,4 Prozentpunkte zu erhöhen. Gleichzeitig sollen die Lohnbeiträge an die Arbeitslosenversicherung um 0,2 Prozentpunkte gesenkt werden, wodurch die AHV-Beiträge für Arbeitgebende und Angestellte unter dem Strich um je 0,1 Prozentpunkte steigen würden. Parallel dazu will der Ständerat die Mehrwertsteuer in zwei Schritten um bis zu einem Prozentpunkt anheben. Die erste Erhöhung ab 2028 um einen halben Prozentpunkt soll für die 13. AHV-Rente gebraucht werden. Mit der späteren zweiten Erhöhung soll eine allfällige Abschaffung oder höhere Plafonierung der Renten von Ehepaaren finanziert werden. Die Vorlage geht nun an den Nationalrat.

Umsetzung und Finanzierung der Initiative für eine 13. AHV-Rente

Die Vorlage für den Wechsel zur Individualbesteuerung steht

Die Gesetzesvorlage für die Einführung der vom Zivilstand unabhängigen Individualbesteuerung ist bereinigt. Bezahlt künftig jeder und jede unabhängig vom Zivilstand für sich selbst die Steuern, soll das mehr Menschen motivieren, einen Job anzunehmen oder das Arbeitspensum zu erhöhen. Verheiratete Zweitverdiener, meist Frauen, soll die Individualbesteuerung finanziell eigenständiger machen. Der Kinderabzug bei der Bundessteuer – neu 12 000 Franken – wird je hälftig auf beide Elternteile aufgeteilt. So hatte es der Bundesrat beantragt, und so beschloss es nach dem Nationalrat nun auch der Ständerat, mit knappstem Mehr.

«Für eine zivilstandsunabhängige Individualbesteuerung (Steuergerechtigkeits-Initiative)». Volksinitiative und indirekter Gegenvorschlag (Bundesgesetz über die Individualbesteuerung)

Nationalrat lehnt Reform des Selbstständigkeitsstatus ab

Der Nationalrat will den Selbstständigkeitsstatus im Sozialversicherungsrecht nicht ändern: Er ist nicht auf eine Vorlage zur stärkeren Berücksichtigung des Parteiwillens bei der Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status eingetreten. Die von Jürg Grossen (GLP/BE) angestossene parlamentarische Initiative zielte vor allem auf Arbeitende in der wachsenden Plattform-Wirtschaft ab. Grossen hatte argumentiert, dass Erwerbstätige heute oft nur schwer als selbstständig klassifiziert werden könnten, obwohl gesellschaftlicher Wandel und Digitalisierung zu neuen Arbeitsformen geführt hätten. Grüne, SP und Mitte stellten sich erfolgreich gegen die Initiative und warnten vor einer «fundamentalen Änderung im Arbeitsrecht» sowie vor einer wachsenden Zahl an Scheinselbstständigen. Die gegenwärtige Unterscheidung des arbeitsrechtlichen Status sei genügend flexibel und können mit Veränderungen im Arbeitsmarkt angepasst werden, sagte Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider. Die Vorlage könne zu grosser Rechtsunsicherheit führen, da Menschen in die Selbstständigkeit gezwungen werden könnten. Auch der Bundesrat hatte im Vorfeld Nichteintreten beantragt.

Nationalrat will Selbstständigkeitsstatus nicht anpassen

Mehr finanzielle Sicherheit nach Scheidungen auf Bauernbetrieben

Auf Bauernbetrieben mitarbeitende Ehepartnerinnen und -partner sollen bei einer Scheidung finanziell besser abgesichert werden. Der Nationalrat ist als Erstrat einverstanden mit Anpassungen im Landwirtschaftsgesetz, die diesem Ziel dienen sollen. In der Landwirtschaft sind besonders Frauen finanziell oft von ihren Partnern abhängig. Kommt es zu einer Scheidung, stehen viele Partnerinnen und Partner von landwirtschaftlichen Betriebsleitern und -leiterinnen finanziell vor dem Nichts. Einen Antrag zur Aufhebung der Sonderregelungen, wonach im Betrieb angestellte Ehepartnerinnen und -partner in verschiedenen Sozialversicherungen nur Anspruch auf den Versicherungsschutz von Selbstständigen haben, lehnte der Nationalrat aber ab. Die Vorlage geht nun in den Ständerat.

Landwirtschaftsgesetz (Entschädigung im Scheidungsfall)

Diese Übersicht basiert auf Meldungen der Nachrichtenagentur Keystone-SDA und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Chefredaktor, Soziale Sicherheit (CHSS)
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