Auf einen Blick
- Das Bundesamt für Sozialversicherungen und die AHV-Ausgleichskassen wollen das Informationsangebot rund um die Selbstständigkeit ab 2025 verbessern.
- Eine einheitliche Online-Anmeldung soll den Antragsprozess vereinfachen.
- Geprüft werden verschiedene Möglichkeiten, um den Aufwand bei den Ausgleichskassen zu verringern.
Der Schritt in die Selbstständigkeit ist mit administrativen Hürden verbunden, wie folgendes fiktives Beispiel zeigt: Eine 39-jährige Physiotherapeutin – nennen wir sie Luisa Frey – hat zusammen mit einem ehemaligen Kollegen ein Therapie- und Fitnesszentrum eröffnet. Als sich Luisa bei der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) anmelden will, taucht die Frage auf: Gilt sie AHV-rechtlich überhaupt als Selbstständige?
Eine Google-Abfrage bringt sie nicht weiter. Luisa will sich deshalb direkt bei ihrer AHV-Ausgleichskasse informieren. Doch welche der über 80 Ausgleichskassen ist für sie zuständig? Denn jede Kasse gestaltet das Anmelde- und Anerkennungsprozedere der selbstständigen Erwerbstätigkeit auf ihre Art. Auch ein Blick ins Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung, das die Zuständigkeiten regelt, ist für Luisa als Nicht-Juristin nicht selbsterklärend.
Das Beispiel verdeutlicht: Jungunternehmende sind bei der AHV-Anmeldung oftmals überfordert. Auch für die AHV-Ausgleichskassen sind Statusabklärungen mit einem gewissen Aufwand verbunden: Sie müssen die Antragstellenden informieren, und die Abklärungen sind relativ zeitintensiv, da jeder Fall anders ist. Im Jahr 2022 wurden schweizweit 55 000 Gesuche für die Anerkennung der selbstständigen Erwerbstätigkeit in der AHV eingereicht.
Der Bundesrat hat die Hürden im Zusammenhang mit der Bestimmung, ob eine erwerbstätige Person als selbstständig oder unselbstständig erwerbend eingestuft wird, erkannt (Digitalisierung – Prüfung einer Flexibilisierung des Sozialversicherungsrechts («Flexi-Test»)). Die Regierung hat die Verwaltung beauftragt, den Prozess zur Statusbestimmung zu beschleunigen und einfacher und transparenter zu gestalten. Dieses Ziel soll mittels eines digitalen Hilfsmittels umgesetzt werden.
Das Projekt «eStatus»
Ein Projektteam, in dem nebst Verbands- und kantonalen Ausgleichskassen sowie dem Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) auch IT-Fachleute vertreten sind, entwickelt derzeit eine Webapplikation. Der Aufbau soll in Etappen erfolgen.
Die Etappen orientieren sich an folgenden Zielsetzungen:
- Die Antragstellenden sollen einfach, schnell und verständlich Informationen zum Beitragsstatus und zum Prozess der Abklärung erhalten.
- Das Anmeldeverfahren soll für die Antragstellenden vereinfacht werden.
- Die Durchlaufzeit bei der Bearbeitung soll verringert werden, indem die Ausgleichskassen Unterstützung bei der Aufbereitung und Strukturierung der Unterlagen erhalten.
In einem ersten Schritt wird die Informationslage verbessert sowie ein gemeinsames Online-Formular für den Antrag erstellt. In einem zweiten Schritt wird geprüft, wie die Ausgleichskassen bei der Bearbeitung der Anträge unterstützt werden können.
Klare Information für alle
Heute gibt eine potenziell verwirrende Anzahl von Quellen auf verschiedensten Kanälen Auskunft über das Thema Selbstständigkeit. Das Projekt «eStatus» legt den Fokus auf den digitalen Raum, um auch Personen abzuholen, die auf anderen Kanälen nicht erreicht werden. Informationen sollen in leicht verständlicher Sprache angeboten werden, und zwar auch mit ansprechenden Bildern und Grafiken. Das Ziel ist, alle Informationen auf einer einzigen etablierten Plattform zur Verfügung zu stellen. Heutige Anbieter können dann darauf verweisen.
Schnellere und einheitliche Anmeldeverfahren
Zurück zu Luisa Frey. Für das Therapie- und Fitnesszentrum investiert sie in neue Trainingsgeräte und Therapieliegen. Für diese Anschaffungen sowie den Lohn einer Sekretärin ist sie auf Kapital angewiesen und plant deshalb einen Teilbezug ihrer Vorsorgegelder der zweiten Säule. Die Anerkennung ihrer selbstständigen Erwerbstätigkeit durch die Ausgleichskasse erleichtert ihr den Bezug der Vorsorgegelder. Sie hofft nun, dass ihre Kasse ein schnelles, online verfügbares Anmeldeverfahren anbietet.
Hier setzt die erste Phase des Projekts «eStatus» an: Ein schweizweit einheitliches Online-Antragsformular soll den Anmeldeprozess vereinheitlichen und die Rechtsgleichheit bei der Statusbestimmung fördern. Geplant ist, das verbesserte Informationsangebot sowie die Online-Anmeldung im Verlauf des Jahres 2025 zur Verfügung zu stellen. Anträge sollen aber auch weiterhin in Papierform eingereicht werden können.
Kürzere Bearbeitungszeit
In einer zweiten Projektphase soll geprüft werden, wie die Ausgleichskassen bei der Bearbeitung der Anträge unterstützt werden können. Denkbar ist zum Beispiel der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI). Damit können die Ausgleichskassen etwa beim Extrahieren und Sortieren von Dokumenten unterstützt und diese so aufbereitet werden, dass die wichtigsten Informationen auf einen Blick dargestellt werden.
Einen grossen Nutzen sehen die Projektverantwortlichen auch in der Erstellung einer «DNA» des Einzelfalls. Das heisst, dass KI durch andere Ausgleichskassen bereits beurteilte ähnliche Sachverhalte erkennt und einen Vorschlag erstellt, damit die Sachbearbeitenden der Ausgleichskassen den Statusentscheid schneller vornehmen können. Den definitiven Entscheid werden aber auch in Zukunft die Sachbearbeitenden selbst fällen.