Gemeinsamer Einsatz für die berufliche Integration

Das Eingliederungspotenzial von Menschen mit Beeinträchtigungen ist anerkannt. ­Dennoch gestaltet sich die Arbeitsmarktintegration oft schwierig. Konkrete und pragmatische ­Handlungsansätze dazu liefert die gemeinsame Erklärung der involvierten Dachorganisationen und Schlüsselakteure aus Wirtschaft, Versicherung und Sozialbereich.
Chiara Mombelli, Cyrielle Champion
  |  01. Juni 2018
  • Eingliederung
  • Interinstitutionelle Zusammenarbeit
  • Invalidenversicherung

Der rechtliche Rahmen ist gegeben: Durch das UNO-Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, die Bundesverfassung und die Behindertenpolitik von Bund und Kantonen ist Integration eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Trotz Fortschritten in den vergangenen Jahren besteht bei der Arbeitsmarktintegration von Menschen mit Beeinträchtigungen noch viel Entwicklungspotenzial (Egger et al. 2015).

Ausgehend von dieser Feststellung und in Erfüllung eines Auftrags aus dem Parlament (Postulat Bruderer Wyss 15.3206) war es das Ziel der nationalen Konferenz zur Arbeitsmarktintegration von Menschen mit Behinderungen, Good Practice für die berufliche Integration von Menschen mit Beeinträchtigungen zu identifizieren und das entsprechende Wissen schweizweit bekannt zu machen. Dazu galt es, den gemeinsamen Nenner zu den unterschiedlichen Standpunkten zu finden, um unter Berücksichtigung der jeweiligen institutionellen Rahmenbedingungen die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Eingliederungsakteuren zu verbessern.

Das Resultat nach drei Treffen, von denen zwei unter dem Vorsitz von Bundesrat Alain Berset stattfanden, ist erfreulich: Die verabschiedete gemeinsame Erklärung und die dazugehörigen Handlungsansätze legen die Grundlagen für konkrete Massnahmen. Somit begünstigen sie die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am sozialen Leben, festigen den Auftrag der Einrichtungen der sozialen Sicherheit und wirken dem Fachkräftemangel entgegen (Champion/Mombelli 2018).

Gemeinsame Erklärung: eine konkrete Verpflichtung Mit der Verabschiedung der gemeinsamen Erklärung anerkennen die 29 beteiligten Dachorganisationen den Handlungsbedarf im Rahmen von fünf Schwerpunkten. Konkret handelt es sich um die Zusammenarbeit mit den Branchenverbänden, das koordinierte Vorgehen bei Arbeitsunfähigkeit, die Annäherung von Psychiatrie und Arbeitswelt, die Ausbildung sowie die Anreize zur Weiterbeschäftigung und zur Anstellung von Menschen mit Beeinträchtigungen.

Die fünf Schwerpunkte werden in den Handlungsansätzen konkretisiert: Zu jedem wird kantonale und nationale Good Practice aufgeführt (vgl. Tabelle t1), die einen Orientierungsrahmen für die Umsetzung von Massnahmen gibt. Ausserdem wird darüber informiert, welche Schritte die Dachorganisationen zur Übertragung der Good Practice bereits unternommen haben.

Die vorgeschlagenen Handlungsansätze sind für alle Akteure von Nutzen: In erster Linie erhöhen sie die Chancen von Menschen mit Beeinträchtigungen auf eine erfolgreiche Integration in den Arbeitsmarkt. Ausserdem werden den Eingliederungsakteuren (Ärzteschaft, Versicherer, Arbeitgeber) Instrumente zur Verfügung gestellt, um ihre Zusammenarbeit bei der beruflichen Eingliederung zu verbessern. Das kommt auch den KMU zugute, denn diese verfügen oftmals über kein professionelles Personalwesen. Durch ihre Beteiligung an der Festlegung und Ausgestaltung des Eingliederungsprozesses können die Branchenverbände die KMU besser unterstützen.

Engagement über die nationale Konferenz ­hinaus Die nationale Konferenz hat die Akteure vernetzt und die Zusammenarbeit verstärkt. Damit ist die Arbeit aber noch nicht getan. Mit der gemeinsamen Erklärung verpflichten sich die Dachorganisationen, in den kommenden Jahren die Umsetzung der identifizierten Schwerpunkte im Rahmen ihrer Verantwortlichkeiten und Möglichkeiten zu unterstützen und die Netzwerkarbeit, die Entwicklung von Good Practice, den Austausch und den Wissenstransfer im Folgeprozess der nationalen Konferenz konkret und gezielt weiterzuverfolgen.

Um die berufliche Integration von Menschen mit Behinderungen wirklich voranzubringen, braucht es nebst dem Engagement der nationalen Dachorganisationen auch den Einsatz der kantonalen Akteure und der Fachpersonen aus der Praxis. Einige Ansätze von Good Practice sind in mehreren Kantonen bereits auf ein positives Echo gestossen und werden übernommen.

In den nächsten Jahren werden die Folgearbeiten der nationalen Konferenz mit den Tätigkeiten der nationalen Behindertenpolitik, die das gemeinsame Engagement von Bund und Kantonen vorsieht, koordiniert. Ausserdem werden das Bundesamt für Sozialversicherungen und das Eidgenössische Büro für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen innovative Projekte für die berufliche Eingliederung von Menschen mit Behinderungen gezielt fördern.

MSc, Projektleiterin, Geschäftsfeld ­Invalidenversicherung, BSV.
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Dr. rer. pub., Projektleiterin, Socialdesign.
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