Studien belegen, dass die Eingliederungschancen nach sechsmonatiger Arbeitsunfähigkeit um rund die Hälfte abnehmen. Deshalb ist es entscheidend, dass sich das soziale und berufliche Umfeld der Betroffenen so früh wie möglich dafür einsetzt, dass arbeitsunfähige Personen so rasch wie möglich an den Arbeitsplatz zurückkehren können. Das ist aber einfacher gesagt als getan. Denn eine Arbeitsunfähigkeit stellt die Arbeitgeber, die behandelnden Ärzte und die zuständige Sozialversicherung vor diverse Herausforderungen. Während der Arbeitgeber möglichst transparent darüber informiert sein will, wann und wie der Verunfallte oder die Erkrankte an den Arbeitsplatz zurückkehrt, fehlt den behandelnden Ärzten für die Festlegung der Arbeitsunfähigkeit oft die nötige Kenntnis von den Anforderungen am Arbeitsplatz, die es ihnen erlauben würde, die Arbeitsunfähigkeit differenzierter festzulegen.
Die Suva ist davon überzeugt, dass sich die Absenzen arbeitsunfähiger Mitarbeiter verkürzen lassen, wenn sich Arbeitgeber und Ärzte gezielt über die konkrete Arbeitsplatzsituation des Betroffenen und die Wiedereingliederungsmöglichkeiten des Arbeitnehmers austauschen.
Grundsätze bilden den Rahmen der Zusammenarbeit Um Informationslücken zu schliessen und die Kommunikation unter den Ärzten, den Arbeitgebern und den Sozialversicherungen zu verbessern, initiierten die 18 Agenturen der Suva je einen runden Tisch, an dem in partnerschaftlicher Zusammenarbeit Grundsätze und Merkblätter zur Arbeitsunfähigkeit erarbeitet wurden. In sieben von 18 Suva-Agenturen sind entsprechende Vereinbarungen unterschrieben und verbindlich.
Die Unterlagen halten unter anderem detailliert fest, welche Informationen auf einem Arbeitsunfähigkeitszeugnis vorhanden sein sollen, wie die Arbeitsunfähigkeit in der Praxis festgesetzt wird oder auf welche ergänzenden Informationen der Arbeitgeber zusätzlich zum Arbeitsunfähigkeitszeugnis Anspruch hat.
Um potentielle Missverständnisse erst gar nicht entstehen zu lassen und Ausfalltage zu reduzieren, bekunden alle Mitwirkenden mit ihrer Unterschrift ihren Willen, die erarbeiteten Grundsätze bei der täglichen Arbeit einzuhalten. «Arbeitgeber, Ärzte und Sozialversicherungen müssen bei Unklarheiten oder komplexen Sachverhalten aufeinander zugehen. Nur so kann die zeitnahe Wiedereingliederung gefördert werden», sagt Kilian Bärtschi, Agenturleiter der Suva in Solothurn. Denn das soziale und berufliche Umfeld entscheide massgeblich über den Verlauf einer Wiedereingliederung.
Die Zusammenarbeit lohnt sich: Das Beispiel Solothurn Die Suva-Agentur in Solothurn war zusammen mit der dortigen IV-Stelle die treibende Kraft hinter einer bindenden Zusammenarbeitsvereinbarung. Als erste Agentur der Suva hat sie 2016 die Zusammenarbeit zwischen Arbeitgebern, Ärzten und Sozialversicherern verbindlich geregelt. Da zwischen den betreffenden Institutionen zuerst eine konkrete Zusammenarbeitskultur heranwachsen muss, ist es noch zu früh, konkret messbare Erfolge im Sinn positiv gemeisterter Fälle zu nennen. Aus Sicht des Agenturleiters führte der Startschuss der Initiative für eine rasche Wiedereingliederung allerdings zu einer intensiveren Auseinandersetzung mit dem Thema «Arbeitsunfähigkeit» und die Zusammenarbeitsvereinbarungen stossen bei allen Beteiligten auf grosse Akzeptanz. Seien es Ärzte, Arbeitgeber oder die IV-Stelle, alle sind davon überzeugt, dass sie es in partnerschaftlicher Zusammenarbeit schaffen werden, Ausfalltage und somit Kosten zu reduzieren; immer auch mit dem Ziel, einem verunfallten oder erkrankten Mitarbeiter den Arbeitsplatz zu sichern.
Seit der Einführung der Zusammenarbeitsverträge engagiert sich die Suva-Agentur Solothurn intensiv, den Schulterschluss bekannt zu machen. Neben gemeinsamen Auftritten mit Ärzten, Arbeitgebern oder der IV beschäftigt sie sich zudem mit der Optimierung der Prozesse. Auch ihr Kontakt mit der Ombudsstelle der Ärzteschaft des Kantons Solothurn hat sich intensiviert. «Ziel ist es, dass unsere Initiative für eine rasche Wiedereingliederung langfristig gelebt wird», so Agenturleiter Bärtschi. Entscheidend sei die Kommunikation untereinander.
Um die Initiative für eine rasche Wiedereingliederung nachhaltig zu gestalten, werden sich die Akteure weiterhin regelmässig an den runden Tisch setzen. Es gilt, Erfahrungen auszutauschen und die Zusammenarbeit weiter zu entwickeln. Bärtschi zeigt auf, dass sich immer wieder etwas tut. Neu ergänze ein Vertreter der Fachrichtung Psychiatrie die Arbeitsgruppe. Seine Optik und sein Erfahrungsschatz würden helfen, Arbeitnehmende in psychischen Krisensituationen optimaler zu unterstützen. Damit diese Arbeitsgruppe erfolg hat, sei eines klar: «Es braucht Personen, die mit Leidenschaft und Überzeugung hinter dieser Sache stehen». Vonseiten der IV, der Ärzteschaft und der Arbeitgeber habe die Suva Solothurn zum Glück Exponenten, die sie tatkräftig unterstützten. Das erhöhe die Durchschlagkraft und stärke die Glaubwürdigkeit des Anliegens. Mit gemeinsamen Auftritten und Referaten in der Region informierten sie Hausärzte, Physiotherapeuten und Gewerbevertreter. Auch landesweit sei die Initiative auf Interesse gestossen. «Wir durften unsere Initiative für eine rasche Wiedereingliederung am zweiten Treffen der Nationalen Konferenz zur Arbeitsmarktintegration von Menschen mit Behinderung vorstellen», so Bärtschi.