Erfolgreiche Weiterführung von Jugend und Medien

Die Massnahmen des Bundes im erzieherischen Jugendmedienschutz, deren Umsetzung ab 2016 durch die nationale Plattform Jugend und Medien weitergeführt wurde, sind erneut umfassend evaluiert worden. Sie finden weiterhin grossen Anklang und zeigen eine breite Wirksamkeit.
Milena Iselin, La Mantia Alexandra
  |  02. Oktober 2021
    Forschung und Statistik
  • Jugend
  • Kinder

Im Anschluss an das nationale Programm Jugendmedienschutz und Medienkompetenz, das 2015 zu Ende ging, trägt die nationale Plattform Jugend und Medien des Bundesamts für Sozialversicherungen (BSV) seit 2016 die Verantwortung für die Umsetzung von Massnahmen im erzieherischen Jugendmedienschutz. Zur Verfolgung der Vision, wonach Kinder und Jugendliche in der Schweiz sicher und verantwortungsvoll mit digitalen Medien umgehen können, hat sich Jugend und Medien vier Ziele gesetzt:

  • Medienkompetenzen von Bezugspersonen fördern, damit sie eine aktive Begleitfunktion wahrnehmen können.
  • Aktionen von Akteuren (Dach- oder Branchenverbände, nationale oder überregionale Anbieter) unterstützen und verstärken.
  • Forschung unterstützen und Wissensstand erweitern.
  • Vernetzung gewährleisten (z.B. Netzwerktreffen oder Fachforen organisieren).

Mit Blick auf diese Ziele hat Jugend und Medien zusammen mit anderen Akteuren aus den Bereichen Bildung und Jugendschutz sowie mit relevanten Bundesstellen, Kantonen, Städten und Gemeinden in den vier Handlungsfeldern Information und Sensibilisierung, Koordination und Vernetzung, Wissensaufbau sowie Unterstützung der Stakeholder zahlreiche Massnahmen umgesetzt. Hierzu gehören zum Beispiel umfassende Online-Aktivitäten, die Herausgabe eigener Publikationen, die finanzielle Unterstützung von Pilotprojekten zu ausgewählten thematischen Schwerpunkten, die nicht monetäre Unterstützung der Zielgruppen, finanzielle Beiträge an wissenschaftliche Studien oder die Durchführung von Veranstaltungen sowie andere Vernetzungs- und Koordinationsaktivitäten.

Die Massnahmen richten sich an zwei Zielgruppen: Bezugspersonen mit direktem Kontakt zu Kindern und Jugendlichen (z.B. Eltern/Erziehungsberechtigte, Grosseltern, Lehrpersonen, Jugendarbeiterinnen und -arbeiter) sowie Multiplikatorinnen und Multiplikatoren, wie Mitarbeitende von kantonalen Verwaltungen oder Vertretende von Fachorganisationen, die ihrerseits häufig die Bezugspersonen als Zielgruppe haben. Im Evaluationszeitraum wurden vor allem die inhaltlichen Schwerpunktthemen Extremismus und Radikalisierung (2017–2019) sowie Sexualität und Internet (2018 und 2019) bearbeitet. Zuletzt wurden die Schwerpunktthemen Datenschutz sowie Hass im Netz (beide 2020 und 2021) lanciert.

Umfassende Überprüfung von Jugend und Medien Die Evaluation von Jugend und Medien wurde zwischen Oktober 2019 und Mai 2020 von Interface Politikstudien durchgeführt. Beurteilt wurden die Konzeption und Umsetzung, die Leistungen, deren Wirkungen bei den Adressaten sowie der Ressourceneinsatz seit 2016. Auch der Beitrag an die Vision von Jugend und Medien wurde untersucht. Aus der Evaluation sind Empfehlungen für die Umsetzung des erzieherischen Jugendmedienschutzes ab 2021 hervorgegangen. Methodisch basiert die Evaluation auf einer Dokumenten- und Datenanalyse, einer nicht repräsentativen Online-Befragung von 765 Personen (362 Multiplikatorinnen und Multiplikatoren sowie 403 Bezugspersonen) in drei Sprachregionen und 15 leitfadengestützten Interviews mit Expertinnen und Experten aus verschiedenen Bereichen.

Kohärente Konzeption und zweckmässige Umsetzung Die Evaluation zeigt, dass die Zielsetzungen und Schwerpunktthemen gut auf die Bedürfnisse der Zielgruppen abgestimmt sind und von den Adressaten voll und ganz unterstützt werden. 98 Prozent der Befragten finden das Thema Sexualität und Internet wichtig. Beim zuletzt gestarteten Schwerpunktthema Datenschutz sind es 96 Prozent.

Für die Umsetzung von Jugend und Medien beschäftigt das BSV ein Team von drei Personen mit insgesamt 1,6 Vollzeitäquivalenten und setzt für strategische Belange eine Kerngruppe ein, die aus Vertretenden von Bund, Kantonen, Städten und Gemeinden besteht. Daneben gibt es themenspezifische Arbeitsgruppen. Diese Umsetzung kann als weitgehend zweckmässig beurteilt werden. Besonders geschätzt werden die Kommunikation und die partizipative Arbeitsweise des BSV-Teams.

Effiziente Leistungen, einzelne Optimierungsmöglichkeiten Jugend und Medien hat auf effiziente Art und Weise eine grosse Zahl an Leistungen erbracht und qualitativ hochwertige Produkte erstellt. Es wurden gute Veranstaltungen realisiert, die diversen Akteure im Feld miteinander vernetzt und die Koordination bestehender Massnahmen verbessert.

Information und Sensibilisierung Zur Information und Sensibilisierung der Zielgruppen im verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Medien, betrieb Jugend und Medien eine Website und war mit einem Facebook-, Twitter- und Youtube-Kanal in den sozialen Medien präsent. Inhalte zum Thema Jugend und Medien finden sich weiterhin auf der Website www.jugendundmedien.ch; alle Publikationen stehen zum Download zur Verfügung. Die Website beinhaltet zusätzlich die Datenbank «Beratung und Angebote», auf der Eltern, Lehr- und Betreuungspersonen Angebote rund um das Thema Jugend und Medien in der gesamten Schweiz finden. Daneben wurden u.a. Broschüren zum Thema Medienkompetenz für Eltern, für die Schule und für heil- bzw. sonderpädagogische Einrichtungen sowie ein Flyer mit Empfehlungen zum Umgang mit digitalen Medien und ein digitaler Newsletter produziert und Inputs an Veranstaltungen Dritter geleistet. Diese Produkte und Leistungen sind gut bekannt. Sie werden als wichtig und nützlich beurteilt und breit genutzt. Zu nennen sind hier insbesondere die Website, die Broschüren und der Flyer. Positiv hervorgehoben wird, dass die Website und die Broschüren in drei, der Flyer in sechzehn Sprachen zur Verfügung stehen. Von den Broschüren wurden im Evaluationszeitraum fast eine halbe Million, vom Flyer mehr als eine halbe Million Exemplare verteilt.

Koordination und Vernetzung Im Handlungsfeld Koordination und Vernetzung führte Jugend und Medien Anlässe des Netzwerks Medienkompetenz Schweiz und des Fachforums Jugend und Medien durch. Zudem wurden im Evaluationszeitraum Runde Tische und Treffen eines Think-Tanks zum Thema Sexualität und Internet sowie Austauschtreffen zum Thema Extremismus und Radikalisierung realisiert. Im Rahmen des Think-Tanks entwickelten die teilnehmenden Vertretenden relevanter Organisationen beispielsweise das Haltungspapier «Sexualität und digitale Medien – Kompetenzen fördern, Kinder schützen!». Die verschiedenen Anlässe wurden von den Teilnehmenden als qualitativ hochstehend, nützlich und wirksam beurteilt. Verbesserungspotenzial besteht bei der Bezeichnung und Profilierung der verschiedenen Gefässe. Es zeigt sich, dass vielen Stakeholdern nicht klar ist, wie sich die Angebote unterscheiden.

Wissensaufbau Dieses Handlungsfeld umfasst die finanzielle Unterstützung von Studien zum Thema Jugend und Medien und von Pilotprojekten in den Schwerpunktthemen sowie die Finanzierung externer Evaluationen. Im Evaluationszeitraum wurden drei Studien sowie insgesamt sieben Pilotprojekte unterstützt. Zwei Evaluationsprojekte wurden in Auftrag gegeben. Die daraus entstandenen Produkte sind unterschiedlich bekannt. Vergleichsweise grosse Bekanntheit geniesst die Studie «Medien, Interaktion, Kinder und Eltern» (MIKE-Studie) der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Die Unterstützung von Pilotprojekten wird von den Zielgruppen als zentrale und nachhaltige Massnahme beurteilt, die unbedingt weitergeführt und sogar ausgebaut werden sollte.

Unterstützung der Stakeholder Jugend und Medien erbringt zahlreiche Leistungen für die Zielgruppen, indem diese bei der Erarbeitung spezifischer Broschüren und Lehrmaterialien sowie bei der Organisation von Tagungen, Konferenzen und Schulungen unterstützt werden. So hat Jugend und Medien beispielsweise die Erstellung der beiden Infografiken «Digitale Medien» und «Kritische Medienkompetenz» von Elternbildung CH (www.elternbildung.ch) finanziell unterstützt, Texte dafür geliefert und die Infografiken korrekturgelesen. Mit Referaten an Fachtagungen stellt das Team von Jugend und Medien auch sein Fachwissen zur Verfügung. Ausserdem hat Jugend und Medien die Kompetenz, Partizipations- und Modellprojekte finanziell zu unterstützen. Es zeigt sich allerdings, dass letzteres Unterstützungsangebot noch wenig bekannt ist. Im Evaluationszeitraum ging kein entsprechendes Gesuch ein.

Bestätigte Wirksamkeit der Leistungen Die Evaluation bestätigt die Effektivität der Leistungen. Rund ein Drittel der befragten Multiplikatorinnen und Multiplikatoren und der professionell tätigen Bezugspersonen ist durch die Massnahmen von Jugend und Medien selber aktiver geworden. Tabelle T1 konkretisiert die intensivierten Aktivitäten. In der Online-Befragung gaben fast 90 Prozent der Befragten an, dass sie ihr themenspezifisches, relevantes Wissen dank Jugend und Medien vertiefen konnten. Auch haben sie ihre Aktivitäten besser mit dem Engagement anderer Akteure abgestimmt. Personen, die eine Unterstützung für ihr Pilotprojekt erhalten haben, betonen die Wirksamkeit der Förderung, ohne die sich solche Projekte nicht in dieser Form planen und durchführen lassen würden.

Es zeigen sich auch Wirkungen im Bereich der Einstellungen: Jugend und Medien hat einen Paradigmenwechsel gefördert − vom Verbot hin zur aktiven Begleitung der Kinder und Jugendlichen. Ausserdem werden heute neben den Risiken vermehrt die Chancen der digitalen Medien erkannt. Zuletzt tragen die Massnahmen auch zu einer Annäherung an die Vision von Jugend und Medien bei, indem sie mithelfen, Kinder und Jugendliche zu befähigen, kompetent mit den Chancen und Risiken digitaler Medien umzugehen. Drei Viertel der Befragten bestätigen diese Wirkung.

Schlussfolgerungen und Empfehlungen Die Evaluation zeigt nicht nur eine grosse Zufriedenheit der Adressaten mit Jugend und Medien, sondern auch die hohe Qualität und Wirksamkeit der Massnahmen auf. Folglich empfiehlt es sich, die Massnahmen im Bereich des erzieherischen Jugendmedienschutzes weiterzuführen und dabei die bisherige thematische Flexibilität und die partizipative Arbeitsweise beizubehalten.

Um die konzeptionellen Unklarheiten zu beheben, sollten die Bezeichnungen und spezifischen Funktionen der verschiedenen Gefässe zur Vernetzung und Koordination eindeutig definiert und deutlicher kommuniziert werden. Dies gilt insbesondere für das nationale Fachforum und das Netzwerk Medienkompetenz Schweiz. Diese sind entweder sichtbarer voneinander abzugrenzen oder zu einem einzigen Gefäss zusammenzuführen. Dadurch wird der Wiedererkennungseffekt verstärkt und die Aufmerksamkeit erhöht.

Dem BSV gelingt es gut, unterschiedliche Akteure miteinander zu vernetzen und sie in die Umsetzung von Massnahmen einzubinden. Die Leistungen lösen bei den Adressaten die beabsichtigen Reaktionen aus. Bei der Unterstützung von Partizipations- und Modellprojekten wurde jedoch Klärungsbedarf festgestellt. Diese Leistung soll klarer definiert, bekannter gemacht und unter Berücksichtigung des zur Verfügung stehenden Budgets ausgebaut werden. Die Wirkungen von Jugend und Medien sind bereits eindrücklich. Sie liessen sich verstärken, indem die Zusammenarbeit mit bestehenden Organisationen ausgebaut und der Austausch systematisiert werden würden. Auch sollte geprüft werden, inwieweit Jugend und Medien regionale und lokale Akteure bei ihren Aktivitäten für Bezugspersonen noch aktiver unterstützen könnte.

  • Literaturverzeichnis
  • La Mantia, Alexandra; Iselin, Milena; Müller, Franziska; Ritz, Manuel (2020): Evaluation der Massnahmen im Bereich des erzieherischen Jugendmedienschutzes 2016–2020; [Bern: BSV]. Beiträge zur Sozialen Sicherheit; Forschungsbericht Nr. 12/20: www.bsv.admin.ch > Publikationen & Service > Forschung und Evaluation > Forschungspublikationen.
Dipl. Soz., Projektleiterin, Interface Politikstudien Forschung Beratung.
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MAS, Projektleiterin, Interface Politikstudien Forschung Beratung (bis Januar 2021).
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