Auf einen Blick
Umwelt-, Klima-, Sozial- und Corporate Governance-Faktoren (ESG-Kriterien) sind Teil der Anlagestrategie einer Pensionskasse.
Die Verantwortung für die ESG-Strategie liegt beim paritätisch zusammengesetzten Stiftungsrat der Vorsorgeeinrichtung.
Der ASIP-Leitfaden «ESG-Reporting-Standard» sorgt für mehr Transparenz. Erster Wissenspunkt
Pensionskassen sind seit jeher auf Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit ausgerichtet: Gemäss dem Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) müssen sie die Vermögen ihrer Versicherten so bewirtschaften, dass Sicherheit und genügender Ertrag der Anlagen, eine angemessene Verteilung der Risiken sowie die Deckung des voraussehbaren Bedarfs an Liquidität gewährleistet sind.
Die Basis bildet eine langfristig ausgerichtete Anlagestrategie, die die Risikofähigkeit und -bereitschaft der Pensionskassen berücksichtigt. So haben die Pensionskassen-Verantwortlichen eine marktkonforme Rendite unter Inkaufnahme von vertretbaren Risiken anzustreben. Zu diesen durch das oberste paritätische Organ der Pensionskassen zu analysierenden Risiken und Chancen gehören auch Umwelt, Klima-, Sozial- und Corporate Governance-Faktoren (sogenannte ESG-Kriterien).
Für den Schweizerische Pensionskassenverband (ASIP) berücksichtigt eine nachhaltige Vermögensanlage ökologische, soziale und gesellschaftliche Kriterien sowie Kriterien der guten, verantwortungsbewussten Unternehmensführung bei der Auswahl und Bewirtschaftung von Wertschriften. Die Beachtung der ESG-Kriterien versteht sich dabei als Teil der treuhänderischen Pflicht von Pensionskassen.
Der ASIP stellt positiv fest: Die Zahl der Pensionskassen, die ESG-Kriterien in ihrem Anlageprozess explizit berücksichtigen, nimmt stetig zu. Das liegt im langfristigen Interesse der Versicherten, ohne dass dabei, wie zwischenzeitlich eine Vielzahl von Studien und Untersuchungen zeigen, Renditeeinbussen in Kauf genommen werden müssen.
Mehr Regulierung oder Eigenverantwortung?
Gemäss dem Klimaübereinkommen von Paris sind auch die Finanzflüsse klimaverträglich auszurichten. In der Schweiz nimmt das von den Schweizer Stimmberechtigten im Juni 2023 angenommene Bundesgesetz über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkung der Energiesicherheit (KIG) diese Forderung auf. Daneben befassen sich auch diverse politische Vorstösse (wie zum Beispiel die Motion «Anpassung des BVG in Übereinstimmung mit den Schweizer Nachhaltigkeitszielen») und ESG-Projekte des Bundes (etwa Sustainable-Finance Schweiz: Handlungsfelder 2022-2025 für einen führenden nachhaltigen Finanzplatz des Bundesrates vom 16. Dezember 2022) mit klimafreundlichen Themen.
Für die Pensionskassen zeichnet sich in diesem Umfeld ein Spannungsfeld zwischen der durch die Führungsorgane von Pensionskassen wahrzunehmenden Eigenverantwortung und dem Ausmass potenzieller Regulierungsbestrebungen ab. Bei den bevorstehenden politischen Diskussionen gilt es aus Sicht ASIP daher nachfolgenden Überlegungen unbedingt Rechnung zu tragen.
ESG-Umsetzung ist eine Führungsaufgabe
Die Anlagepolitik ist eine der zentralen, unentziehbaren Aufgaben der paritätischen Organe. Dies gilt auch für die strategische Integration von ESG-Faktoren in den Prozess der Vermögensbewirtschaftung. Pensionskassen können mit ihrem Anlagevolumen von über 1160 Milliarden Franken einen Beitrag dazu leisten, Finanzströme in der Wirtschaft langfristig ESG-orientiert auszurichten. Mögliche Ansätze sind beispielsweise der Ausschluss bestimmter Emittenten oder Impact Investment. Wie die Pensionskassen die ESG-Kriterien im Rahmen ihres Anlageprozesses jedoch konkret umsetzen, steht in der Verantwortung der obersten paritätisch zusammengesetzten Führungsorgane der Pensionskassen, und das sollte weiterhin so bleiben!
Denn die Pensionskassen allein tragen die Verantwortung für die Vermögensanlage, den risikogerechten Ertrag der Einrichtung und auch das Verlustrisiko. Sie tragen demnach auch die treuhänderische Verantwortung für eine nachhaltige, zukunftsorientierte Bewirtschaftung der Vermögen ihrer Versicherten. Gesetzliche Vorgaben seitens der Regulatoren sind diesbezüglich kaum sinnvoll: Sie belasten den Prozess der Vermögensbewirtschaftung und führen zu Einschränkungen des Anlageuniversums sowie der Entscheidungsfreiheit der einzelnen Pensionskassen. Anstelle von gesetzlichen Verpflichtungen ist der Weg über die eigenverantwortliche Umsetzung somit wesentlich zielführender.
Auch der Bundesrat setzt auf freiwillige Lösungen: Er begrüsse die Bestrebungen der Vorsorgeeinrichtungen zu mehr Nachhaltigkeit, schreibt er im Mai 2023 in seiner Antwort auf die Motion «Anpassung des BVG in Übereinstimmung mit den Schweizer Nachhaltigkeitszielen». Der Ansatz habe sich bewährt. Die Motion, die Reporting-Standards in den gesetzlichen Grundlagen fordert, lehnt er wie auch der ASIP ab.
Selbstregulierung im Fokus
Der ASIP verfolgt das Ziel, mittels Selbstregulierung die Transparenz im Umgang mit ESG-Kriterien zu erhöhen. Im Fokus stehen vor allem die Wissensvermittlung sowie die Sensibilisierung und Aufklärung des obersten Organs für das Thema «nachhaltiges Investieren». Auf strategischer Ebene hat der ASIP Leitplanken zur Umsetzung einer verantwortungsvollen Anlagepolitik gesetzt, indem Nachhaltigkeitsaspekte in den ASIP-Leitfaden für Vermögensanlagen integriert wurden.
Im Sommer 2022 hat der ASIP eine praxisorientierte Wegleitung zur Berücksichtigung von ESG-Kriterien (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) bei Anlageentscheidungen von Pensionskassen publiziert. Pensionskassen sollen aber auch gegenüber ihren Versicherten vermehrt aufzeigen, in welcher Form sie die ESG-Kriterien in ihren Anlageprozess einbauen. Ende 2022 hat der ASIP deshalb in Zusammenarbeit mit Verbänden wie der Asset Management Association, Swiss Sustainable Finance und der Konferenz der Geschäftsführer von Anlagestiftungen (KGAST) einen ESG-Reporting-Standard veröffentlicht.
Der Reporting-Standard will über regelmässiges, ganzheitliches Reporting die Transparenz bezüglich ESG-Umsetzung erhöhen. Dazu übernimmt er beispielsweise die vom Bundesrat 2022 publizierten Swiss Climate Scores und kann so unter anderem Erkenntnisse zur CO2-Intensität wichtiger Anlageklassen liefern. Im Fokus steht eine transparente Offenlegung von ESG-Informationen, mit welchen alle involvierten Stakeholder nachverfolgen können, wie die Pensionskassen investiert sind und welche Entwicklungsschritte bezüglich Nachhaltigkeit realisiert werden. In das ESG-Reporting gehören daher qualitative Aussagen zur Art und Weise, wie die Pensionskassen die ESG-Kriterien umsetzen, und auch quantitative Angaben zu einzelnen Anlagen.
Der Standard schlägt zwei Reporting-Stufen vor (Basis- und fortgeschrittene Berichterstattung) und gilt erstmals für die Berichterstattung über das Geschäftsjahr 2023. Er hat einen empfehlenden Charakter und wird regelmässig überprüft. Wichtig ist, dass die empfohlenen ESG-Kennzahlen keine ESG-Ratings enthalten.
Interesse der Versicherten steht zuoberst
Abschliessend lässt sich sagen: Das Thema «ESG» hat in den letzten Jahren einen beachtlichen Aufschwung erlebt. ESG-Kriterien sind Teil der ökonomischen Risiken und müssen auch durch die Pensionskassen entsprechend analysiert werden. Die Pensionskassen sind auf dem Weg zu einer nachhaltigen, ESG-integrierten Anlagepolitik gut unterwegs. Sie tragen die treuhänderische Verantwortung für eine nachhaltige, zukunftsorientierte Bewirtschaftung der Vermögen ihrer Versicherten.
Zentral ist aus Sicht des ASIP, dass die Anlagepolitik weiterhin in der Verantwortung der Pensionskassen bleibt. Es braucht diesbezüglich keine Regulierung des Gesetzgebers. Die Pensionskassen-Branche befasst sich eigenverantwortlich mit diesem Thema, kommuniziert das auch aktiv und nimmt somit ihre Verantwortung im Interesse der Versicherten wahr.