Arbeitslosenversicherung setzt auf digitale Dienste

Die öffentliche Arbeitsvermittlung bietet inzwischen zahlreiche Dienstleistungen über die Plattform Job-Room an. So können sich Stellensuchende beispielsweise digital beim regionalen Arbeitsvermittlungszentrum anmelden.
Mauro Tomeo
  |  27. Juni 2023
    Perspektiven
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Die Stellenmeldepflicht hat der Plattform Job-Room Schub verliehen. Baustelle in Genf. (Keystone)

Auf einen Blick

  • Die Online-Plattform «Job-Room» macht den Arbeitsmarkt transparenter und bietet die digitalen Dienstleistungen der Arbeitslosenversicherung an.
  • Die Stellenmeldepflicht führte zu einem Digitalisierungsschub bei der Arbeitslosenversicherung.
  • Die Arbeitslosenversicherung baut ihre digitalen Dienstleistungen entsprechend der E-Government-Strategie «Digital first» laufend aus.

Die Digitalisierung verändert die Kommunikation und Interaktion zwischen der Arbeitslosenversicherung und deren Zielgruppen laufend und grundlegend: Digitale Technologien erhöhen die Effizienz der Arbeitslosenversicherung und vereinfachen die Prozesse für die betroffenen Zielgruppen.

Einen ersten Schritt in Richtung Digitalisierung der Arbeitslosenversicherung vollzog der Bund im Jahr 1997, als er eine Stellenvermittlungsplattform namens AVAMSTS in Betrieb nahm. Das Webportal machte für private Arbeitsvermittler und Arbeitgeber Stellensuchende sichtbar, die bei einem regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) angemeldet waren. Über das Portal konnten sie geeignete Kandidatinnen und Kandidaten direkt kontaktieren.

Im Jahr 2012 erfolgte ein Redesign des Portals, welches unter anderem die Erweiterung der Funktionalitäten mit einer Jobsuche für stellensuchende Personen beinhaltete. Seither nennt sich die Plattform Job-Room. Sie hat sich mittlerweile als ein zentrales Instrument für die öffentliche Arbeitsvermittlung etabliert. Die Dienstleistungen richten sich in erster Linie an Stellensuchende und Arbeitgeber.

Im Rahmen der Erfüllung des gesetzlichen Auftrags der öffentlichen Arbeitsvermittlung strebt das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) mit der Plattform unter anderem eine erhöhte Transparenz des Arbeitsmarktes an. Seit Oktober 2015 beinhaltet die Stellenvermittlungsplattform einen Crawling-Dienst, der zahlreiche Portale von Firmen und Personaldienstleistern auf geeignete Angebote absucht. Ziel ist es, möglichst viele im Internet publizierte offene Stellen sichtbar zu machen.

Stellenmeldepflicht löst Digitalisierungsschub aus

Ein regelrechter Digitalisierungsschub und somit eine Weiterentwicklung des Job-Room erfolgte mit der Einführung der Stellenmeldepflicht: Seit Juli 2018 sind Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, offene Stellen in Berufen mit erhöhter Arbeitslosigkeit dem RAV zu melden. Seit Anfang 2020 liegt der Schwellenwert der Stellenmeldepflicht bei einer Arbeitslosenquote von 5 Prozent.

Die meldepflichtigen Stellen sind während einer Sperrfrist von fünf Arbeitstagen nur für beim RAV registrierte Stellensuchende zugänglich. Danach wird die Stelle, falls gewünscht, öffentlich im Job-Room ausgeschrieben. Nicht meldepflichtige Stellen können direkt auf der Stellenplattform publiziert werden. Mittlerweile nutzen monatlich im Durschnitt über 78 000 stellensuchende Personen und über 4500 Unternehmen die Stellenvermittlungsplattform.  

«Digital first»

Eine Mitte 2021 in Kraft getretene Revision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AVIG) ermöglicht der Arbeitslosenversicherung die Umsetzung der E-Government-Strategie «Digital first» von Bund, Kantonen und Gemeinden.

Bei der Arbeitslosenversicherung spielt die Plattform Job-Room eine Schlüsselrolle für die E-Government-Strategie: Einerseits dient sie wie bisher als Plattform der öffentlichen Arbeitsvermittlung mit der Stellenbörse; andererseits bietet sie neu auch Zugang zu den digitalen Dienstleistungen der Arbeitslosenversicherung. Damit etabliert sich die Plattform zunehmend als Drehscheibe zwischen den Bezügerinnen und Bezügern von Leistungen der Arbeitslosenversicherung, der öffentlichen Arbeitsvermittlung und den Durchführungsstellen (Arbeitslosenkassen und RAV).

Seit Sommer 2021 können sich Stellensuchende in der Schweiz auf Job-Room direkt beim RAV anmelden. Dies hat den Anmeldungsprozess vereinfacht, beschleunigt und schweizweit harmonisiert. Zudem können Stellensuchende ihre Bewerbungsunterlagen auf der Plattform hochladen und die Formulare «Nachweis der persönlichen Arbeitsbemühungen» sowie «Angaben der versicherten Person» dem RAV beziehungsweise der Arbeitslosenkasse in Form strukturierter Daten digital übermitteln. Schliesslich können registrierte Arbeitgeber Voranmeldungen für die Kurzarbeit einreichen wie auch Anträge und Abrechnungen von Kurzarbeitsentschädigung übermitteln.

Neue eServices und Funktionalitäten

In Zukunft sollen weitere Interaktionen mit den Durchführungsstellen der öffentlichen Arbeitsvermittlung, sowie den Arbeitslosenkassen ermöglicht werden. So wird man beispielsweise auch die Anmeldung zum Taggeldbezug bei den Arbeitslosenkassen und den Antrag auf Arbeitslosenentschädigung über die Plattform abwickeln können.

Darüber hinaus ermöglicht die Digitalisierung den Akteuren der Arbeitslosenversicherung, gezielter auf die Bedürfnisse von Versicherten und Stellensuchenden einzugehen. So können beispielsweise spezifische Onlinekurse und -schulungen zur Unterstützung bei der Stellensuche angeboten werden. Auch die Kommunikation mit den Durchführungsstellen kann online und damit deutlich einfacher und rascher erfolgen.

Die Arbeitslosenversicherung modernisiert zudem laufend die internen IT-Systeme. Ein aktuelles Projekt ist ASALfutur. Seit Frühjahr 2023 wickeln die Durchführungsstellen der Arbeitslosenversicherung die Kurzarbeits- und die Schlechtwetterentschädigung integral über das neue System ASAL 2.0 ab. In einem zweiten Einführungsschritt wird die Arbeitslosen- und Insolvenzentschädigung folgen.

Synergien mit der KMU-Plattform EasyGov

Eine weitere, speziell auf die Bedürfnisse von Arbeitgebern bzw. Unternehmen zugeschnittene Plattform ist EasyGov.swiss. Die ebenfalls vom SECO entwickelte Plattform ist eine zentrale Anlaufstelle für Unternehmen und Selbstständige, um ihre Administration mit den Behörden abzuwickeln. EasyGov unterstützt die Unternehmen und Selbstständigen dabei, ihre Geschäftstätigkeit in der Schweiz erfolgreich zu betreiben. Gegenwärtig bietet die Plattform über 50 Behördenleistungen verschiedener Departemente und Kantone an.

EasyGov bietet auch Synergieeffekte in Bezug auf die Arbeitslosenversicherung, indem sie den Unternehmen die sichere Abwicklung von Bewilligungs-, Antrags- und Meldeverfahren an einem einzigen Ort ermöglicht. So wird eine nahtlose Kommunikation zwischen den Unternehmen und den Behörden, einschliesslich der Arbeitslosenversicherung, sichergestellt. Dies erleichtert den Informationsaustausch und führt zu einer effizienteren Zusammenarbeit. Beispielsweise können die Unternehmen ihre meldepflichtigen Stellen dem RAV auch über EasyGov melden. Zudem bietet EasyGov den Prozess zur Gründung eines Unternehmens an, bei welchem auch die Anmeldung bei weiteren Sozialversicherungen wie der AHV, der Invalidenversicherung, Erwerbsersatzordnung und Unfallversicherung integriert ist.

Insgesamt stellt die Digitalisierung für die Arbeitslosenversicherung eine grosse Chance dar. Die Prozesse werden einheitlicher und effizienter, was für alle Akteure von Vorteil ist. Allerdings ist es von zentraler Bedeutung, dass der Zugang zu den digitalen Angeboten für alle Anspruchsgruppen sichergestellt ist und dass niemand (etwa ältere Menschen oder Personen mit geringen IT-Kenntnissen) benachteiligt wird. Nur so kann die Digitalisierung der Arbeitslosenversicherung bedürfnisgerecht gestaltet werden.

Leiter, fachliche Vollzugsunterstützung öffentliche Arbeitsvermittlung, Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO)
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